In der letzten Woche tauchte im Netz ein Text auf, der gute Argumente dafür lieferte, die am Wochenende stattfindenden Aktionen gegen den Castor-Transport durch zahlreiche Aktionen in den Metropolen zu unterstützen – schließlich existiert mit der «Occupy»-Bewegung erstmals eine solide Basis für zeitgleiche Aktionen in vielen Städten. Unter dem Titel «Occupy Polizei!» wird in dem Text dazu aufgerufen, möglichst viele Polizisten in den Zentren «zu beschäftigen», und so aktiv und konstruktiv an der Einsatzplanung der Behörden mitzuwirken.
Inzwischen steht fest, wie wir uns am Protestwochenende beteiligen können, sofern wir nicht in die Wälder Niedersachsens aufgebrochen sind:
Am Vorabend der großen Anti-Castor-Demonstration in Dannenberg, gibt es am Freitag um 20:00 Uhr eine «Occupy»-Demonstration in Düsseldorf für eine «Demokratische und Nachhaltige Energiepolitik!»; am Samstag soll dann ab 15:00 Uhr in Düsseldorf und anderswo in «Solidarität mit den ägyptischen Protesten» demonstriert werden. Startpunkt der Demonstrationen ist jeweils der Hbf in Düsseldorf. (Freitag 20:00 Uhr, Samstag 15:00 Uhr)
Über die aktuellen Entwicklungen im Wendland wird natürlich auf dem Laufenden gehalten, sodaß kurzfristige Reaktionen jederzeit möglich sind.
Wir rufen alle WuppertalerInnen, die es nicht selber ins Wendland schaffen, dazu auf, sich an den Aktionen in Düsseldorf zu beteiligen! Zwecks gemeinsamer Anreise nach Düsseldorf treffen wir uns jeweils anderthalb Stunden vor Demobeginn am Zugang zum Weihnachtsmarkt (Bankerdenkmal) vor der Filiale der Deutschen Bank in Wuppertal-Elberfeld (Kasinokreisel).
Alle aktuellen Infos zu den Düsseldorfer «Occupy»-Protesten und -Demonstrationen: Occupy Düsseldorf bei Facebook
Nachfolgend dokumentieren wir den angesprochenen Text zum Castor-Wochenende:
Am Castor-Wochenende: Occupy Polizei!
Am letzten November-Wochenende überall gegen Castor, Energiekonzerne, Banken und Regierung auf die Straße gehen! Ein anonymer Aufruf.Die Adventszeit naht, die Weihnachtsmärkte öffnen, und die Bundesregierung schenkt uns wieder einmal einen Castor. Wenig überraschend. Dieses Jahr jedoch haben wir die seltene Gelegenheit, unsererseits für eine Überraschung zu sorgen. Anders als in vielen Jahren zuvor, können wir Regierung und Sicherheitsbehörden auch abseits des Wendlands unter Druck setzen.Occupy Polizei!
Die weltweite «Occupy»-Bewegung hat inzwischen auch in Deutschland mehrfach den Protest gegen die andauernde Umverteilung von unten nach oben und gegen die Herrschaft der wirtschaftlichen Interessen in die Metropolen getragen. Am 15. Oktober gingen Zehntausende auf die Straße, letzten Samstag «umzingelten» 18.000 Menschen in Frankfurt und Berlin Symbole des Systems. Darunter waren viele neue Akteur_innen und viele Menschen, die neue Aktionsschwerpunkte setzten. In einigen Städten gibt es zudem bis heute Protestcamps auf den Plätzen – und fast überall finden jeden Samstag wöchentliche «Occupy»-Demos statt.
Das rückt ein Szenario in unsere Reichweite, das bisher lediglich ein Wunsch bleiben mußte – gleichzeitige Aktionen an der Castorstrecke und in den großen Städten. Erstmals sind genügend Leute in Bewegung und existieren Strukturen, um auch abseits der Castorstrecke agieren zu können.
Lasst uns deshalb diesmal zusammen die Polizei in unseren Städten beschäftigen! Sorgen wir gemeinsam dafür, dass durch gleichzeitige Proteste und Blockadeaktionen an der Strecke und in den Metropolen der Auftrieb der Staatsmacht im Wendland kleiner ausfällt als sonst!
Occupy überall!
Beim Aufruf zu koordinierten bundsweiten Aktionen am Castor-Wochenende geht es nicht um konkurrierende Konzepte. Wer immer ins Wendland fahren kann und will, soll dies in jedem Fall tun – der Druck an der Transportstrecke darf jetzt nicht nachlassen! Zum ersten Mal erscheint es aber realistisch, dass dennoch genügend empörte Menschen in den Ballungsräumen bleiben, um auch am Castor-Wochenende einen starken Protest auf die Straße zu tragen und die Infrastruktur ihrer Stadt zu besetzen.
Ein gemeinsames, dezentrales Aktionswochende vom 25. bis 27.November macht durch eine Zusammenführung zweier Themenfelder, die bei näherer Betrachtung nahezu identisch sind, deutlich, dass sich eine Politik gegen den Willen der Mehrheit der Menschen endgültig nicht mehr durchsetzen lässt.
Abgesehen von den vielfältigen personellen und finanziellen Verflechtungen der Banken mit der Atomwirtschaft im In- und Ausland – insbesondere der Deutschen Bank – und der jahrelangen Lobbyarbeit der Finanzwirtschaft für ein Festhalten an der Atomergie, gleichen sich die neoliberalen Vorgehensweisen – mit einer Privatisierung der Gewinne und einer Sozialisierung der Kosten und Verluste – wie ein Ei dem anderen. Was der Finanzwirtschaft recht ist, ist der Atomindustrie schon seit langem billig.
So rollt der Castor, wie jedes Jahr auf Staatskosten durch das Land (die Kosten des Transportes im Jahr 2010 beliefen sich auf über 30 Millionen Euro), obwohl die «Müllentsorgung» eigentlich zum Geschäftsbereich eines jeden Unternehmens gehört. Doch das ist nur der kleinste Teil der auf die Gesellschaft abgewälzten Betriebskosten der Kernenergie, wie z.B. das Desaster um die Lagerstätte an der «Asse» zeigt.
Der «zweite Atom-Ausstieg» und die Rücknahme der AKW-Laufzeitenverlängerung, zu denen sich die Bundesregierung erst nach den Massenprotesten, die der Reaktor-Katastrophe von Fukushima folgten, gezwungen sah, sollte über die Macht von RWE, Vattenfall, ENBW und Eon nicht hinwegtäuschen.
Das Oligopol der Energieversorger, das seine Wurzeln im mittlerweile modifizierten Energiewirtschaftsgesetz aus der Nazizeit hat, bestimmt im engen Schulterschluß mit der Finanzwirtschaft die politischen Entscheidungen, in deren Mittelpunkt die Absicherung der Profite der Großkonzerne stehen. Im Schatten der alten abgesicherten Gebietsmonopole bauten die Energiekonzerne ihre Machtbasis bis heute beständig aus, indem sie sich mit bis dato kaum dagewesener finanzieller Macht und mithilfe der sie finanzierenden Banken in viele andere Kernbereiche der Wirtschaft eingekauft haben.
Das erklärt, wie es den großen Energieversorgern erst vor Jahresfrist gelingen konnte, in einem durch und durch undemokratischen Prozeß* jene Verlängerung der AKW-Laufzeiten herbeizuführen, die nun die Basis für milliardenschwere Klagen um entgangene Gewinne gegen die Bundesregierung sind. (*Die Manipulation der öffentlichen Meinung und der Politik durch die Atomlobby im Zusammenhang mit der Laufzeitenverlängerung war erst kürzlich ein Thema, nachdem u.a. die TAZ Dokumente dazu veröffentlicht hatte.)
Während sich die Kreditwirtschaft ihr normales Geschäftsrisiko aus immer größeren Steuermitteln bezahlen lässt, bedienen sich die Energieversorger sogar aufgrund «entgangener Gewinne» an öffentlichen Geldern. Sie verlangen mit ihren Milliardenklagen nichts anderes als eine satte Entschädigung für eine nach großem demokratischen Druck zustandegekommene Entscheidung – eine Klagemöglichkeit auf Ausplünderung, die die amtierende Regierung sehenden Auges und entgegen vieler Warnungen einfach hingenommen hatte, als sie die Laufzeitenverlängerung 2010 durchpeitschte.
Alle drei – Energieversorger, Banken und Regierung – sind deshalb legitimes Ziel unserer Proteste, weil wir mehr Demokratie einfordern, wir der Macht einzelner Konzerne entgegentreten und wir die Fortsetzung einer irrsinnigen Entsorgungspolitik auf unserem Rücken verhindern wollen.
Lasst uns gemeinsam die Tage vom 25. bis zum 27. November zu einem unübersehbaren Zeichen dafür machen, dass Politik gegen unseren Willen endgültig nicht mehr durchsetzbar ist. Weder im Auftrag der Banken, noch im Auftrag der Energieversorger. Lasst uns zusammen den Banken, der Atomwirtschaft und der Regierung eine Niederlage bereiten.
Wir hingegen werden alles gewinnen.
Jene, die nicht ins Wendland fahren können oder wollen, bleiben diesmal nicht darauf beschränkt, die Aktionen am Rande der Transportstrecke am Liveticker zu verfolgen – ihr könnt überall als Teil des Widerstands gegen die Castor-Transporte aktiv werden.
Jene, die seit Wochen bei jedem Wetter gegen die Macht der Banken und Börsen demonstrieren und campen, machen durch eine Beteiligung an dezentralen Aktionen vom 25. bis 27.November einen wichtiger Schritt, um auch im Anschluß gemeinsam mit anderen eine noch größere Durchschlagskraft zu entwickeln – auch in den USA gewannen die «Occupy»-Proteste durch die Beteiligung anderer Akteur_innen entscheidend an Dynamik und an Zielgerichtetheit. (Dort waren es vor allem Gewerkschaften, die die Basis und Aktionsformen der Bewegung ausweiteten.)
Jene, die sich ein weiteres Mal dem Transport der Castoren in der niedersächsischen Ackerkrume entgegenstemmen, werden entlastet und haben mehr Freiräume zum Agieren – die Menschen im Wendland, die seit Jahrzehnten mit eigenen Aktionen vom Camp bis zur Straßenblockade gegen undemokratische Vorfestlegungen auf Gorleben als Endlager ankämpfen, erhalten durch zeitgleiche urbane Proteste eine vielleicht entscheidende Unterstützung.
Und schließlich gewinnen sogar jene Polizist_innen etwas, die diesmal nicht in zugigen Mannschaftsräumen und bei unzureichender Versorgung Unterschlupf im «feindseligen Wendland» finden müssen, sondern daheim bleiben können. Gerne werden die meisten von ihnen stattdessen am letzten Novemberwochenende Autobahnzubringer, Energieversorger, Banken, Bahnanlagen und Weihnachtsmärkte in ihrer gewohnten Umgebung sichern.
Occupy Polizei! Am letzten Novemberwochenende. Überall.
Plant am Freitag, Samstag und Sonntag gemeinsam Aktionen in euren Städten! Sucht euch schlaue Ziele!
Wir sind viele. Überall. Erwartet uns!
Quelle: linksunten.indymedia.org