basta! – Wuppertaler_innen in Bewegung – hat am Samstag, den 05.06.2010 eine viertel Stunde vor dem offiziellen Termin die Nordbahntrasse schonmal eröffnet. Zu Ehren der der Prekären und 1-Euro-Jobber_inen.
And dieser Stelle dokumentieren wir unsere kleine überraschende Nordbahntrasseneröffnung.
Lassen Sie mich durch, ich bin ein Leuchtturmprojekt! (6.30 min)
Unsere Ansprache an die Werktätigen der Nordbahntrasse und die WuppertalerInnen, die zur Eröffnung des ersten Teilstücks der „Trasse“ zum Tacheles am alten Bahnhof Loh gekommen waren:
Liebe Werktätige der Nordbahntrasse, liebe WuppertalerInnen,
Heute ist ein schöner Tag und ein bedeutender Tag für Wuppertal. Die Nordbahntrasse ist neben dem Döppersberg das entscheidende Leuchturmprojekt in unserem schönen Wuppertal. Ich möchte im Namen der „Wuppertaler in Bewegung“ diesen ersten Abschnitt der Nordbahntrasse feierlich einweihen. Im Mittelpunkt meiner kleinen Rede stehen natürlich die Menschen, die das alles möglich gemacht haben. Über 150 sog. Ein-Euro-JobberInnen haben diese wunderschöne Trasse wieder zum Leben erweckt.
Wir sind entzückt und dankbar!
Nicht entzückt sind wir über die Löhne, die die ArbeiterInnen der Nordbahntrasse erhalten. Die Werktätigen der Nordbahntrasse werden mit 1,50 Euro/ Std. abgespeist.
Nicht glücklich sind wir darüber, dass den Beschäftigten in der Stadt von Friedrich Engels und Johannes Rau elementarste Arbeiterrechte wie Lohnfortzahlung bei Krankheit, bezahlter Urlaub, das Recht zu Betriebsratsgründung etc. vorenthalten werden.
Das muss sich ändern! Wir wollen uns nicht länger schämen, Wuppertaler zu sein!
Lassen Sie uns daher im Namen der Wuppertalbewegung folgendes sagen: Die Wuppertalbewegung ist so cool, solch eine Bewegung gegen das allgegenwärtige Negative zu starten. Wir haben die letzten Wochen intensiv über die ethischen Grundlagen der Ein-Euro-Job- und anderer Workfare-(Zwangsdienst) Programme beraten. Und wir haben entschieden, dass diese prekären Arbeitsverhältnisse auf unserer Nordbahntrasse ab heute nicht mehr geduldet werden.
Guter Lohn für gute Arbeit! – Fair statt prekär !!
Ich komme gerade aus Brüssel zurück, wo wir bis zuletzt mit den Verantwortlichen der EU-Sozialfonds um die Finanzierung gerungen haben. Unsere Anstrengungen haben sich gelohnt.
Wir sind sehr glücklich, den ArbeiterInnen der Nordbahntrasse mitteilen zu dürfen, dass die Ein-Euro-Jobs in Wuppertal rückwirkend zum 1. Juni 2010 abgeschafft und in reguläre und unbefristetet Arbeitsverhältnisse beim Ressort Grünflächen und Forsten der Stadt Wuppertal umgewandelt werden. Die Gewerkschaft ver.di, die schon länger die Interessen der Ein Euro Jobber tatkräftig vertreten hat, ist sofort bereit, Sie in Tarif- und bei Eingruppierungsfragen zu unterstützen.
Wir brauchen mehr Kraft, wir brauchen mehr Ideen, mehr Mut. Das macht Spaß. Ich hoffe, etwas positives angestoßen zu haben. Ich wünsche mir, dass „Wir wuppen das“ gelebt wird.
Wir wuppen das.
Unser erklärendes Flugblatt, das während der Trasseneröffnung verteilt wurde:
Mal im Ernst….
Wir sind AktivistInnen von basta! und von der Aktion Zahltag. Wir versuchen mit unseren bescheidenen Mitteln seit 2003 ein bisschen Sand in die demütigende und unwürdige Umsetzung von Hartz IV in Wuppertal zu streuen. Dafür machen wir Aktionen bei der Arge, besuchen Leiharbeitsfirmen, und widersprechen nicht nur bei Frau Merkel öffentlich den Politikern, die diese unsoziale Politik zu verantworten haben. Deswegen haben wir heute die Nordbahntrasse höchst eigenständig eröffnet…
Damit das klar ist, wir finden die Nordbahntrasse super, die geleistete Arbeit ist bewundernswert und gesellschaftlich sinnvoll. Es gibt aber keinen einzigen guten Grund, die Nordbahntrassen-ArbeiterInnen unwürdig mit 1,50 Euro Jobs abzuspeisen und im Hartz IV-Zwangssystem zu belassen.
Das gilt auch für die anderen Ein-Euro-Jobs in Wuppertal. Arbeit in Altenheimen, auf städtischen Grünflächen, bei der Hausaufgabenbetreuung, bei der Entsorgung von Müll usw. sind öffentliche Aufgaben, die wieder zurück in den öffentlichen Dienst und natürlich nach Tarif bezahlt werden müssen. Wir wollen Arbeitsverhältnisse, die würdig gestaltet sind und die Arbeitenden auch ausreichend bezahlt werden.
Sog. Wohlfahrtsverbände eignen sich seit einigen Jahren kostenlos die Arbeitskraft von Erwerbslosen an und bekommen sogar noch ein Kopfgeld von 350 Euro monatlich. Auf der Nordbahntrasse ist es besonders das Wichernhaus, dass die Ein-Euro-Jobber arbeiten lässt. Sogar beim Ein-Euro-Job werden die Leute noch verarscht, so hat das Wichernhaus extra einen Wachdienst für die Nordbahntrasse „erfunden“, um ihre Baufahrzeuge bewachen zu lassen. Für diese Nachtarbeit wird ebenfalls nur 1,50 € je Stunde ausgezahlt.
Wir sind in großer Sorge, das die unfreien Arbeitsverhältnisse stark ausgeweitet werden. Jetzt droht auch noch die Ausweitung der sog. „Bürgerarbeit“. Müll sammeln, Wege kehren, Rasen mähen. In einem neuen Programm für „Bürgerarbeit“ will die Bundesregierung öffentlich geförderte Jobs für Arbeitslose schaffen. Nach den Vorstellungen der Ministerin von der Leyen sollen ab 1. Juli zunächst 33 000 Langzeitarbeitslose in einen Job gepresst werden. Die „Bürgerarbeiter“ sollen 30 Wochenstunden gemeinnützig tätig werden und erhielten dafür einen Monatslohn von knapp 900 Euro brutto. Die Betroffenen wären zwar sozialversicherungspflichtig beschäftigt, doch ein Ausweg aus Hartz IV ist die Bürgerarbeit nicht. Auch weil die Beschäftigten nach Auslaufen der Maßnahme sofort wieder Hartz-IV-Anträge ausfüllen müssten, da sie als Niedriglöhner keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hätten.
Wir wuppen das.Wir hoffen, das mit der Zeit die „Wohlfahrtsverbände“ wie das Wichernhaus, die sich an der Not und an der Arbeit der Erwerbslosen bereichern, Stress kriegen und dass sich die Beschäftigten gegen die unwürdigen Verhältnisse wehren und höhere Löhne, Lohnfortzahlung und bezahlte Urlaubstage einfordern. Wenn man sich z.B. die werktätigen Erwerbslosen auf der Nordbahntrasse mit ihren großen Baggern und anderen Baufahrzeugen ansieht, könnten eines Tages diese schönen Bagger auch zu Demonstrationsfahrten auf der der Friedrich Engels Allee für höhere Löhne und abgesicherte Arbeitsplätze und für noch viel mehr eingesetzt werden. Den ollen Engels würde es sicherlich freuen. Wir würden jedenfalls dann gerne mitfahren…
Solidarische Grüße von basta! Wuppertal und von der Aktion Zahltag.
Für ein schönes und würdiges Leben!
“Zu den Ein-Euro-Jobbern des zweiten Arbeitsmarktes, ohne die das Teilstück heute in dieser Form nicht existieren würde, sagte er: „Darauf können Sie stolz sein, lassen Sie sich das nicht von Kleingeistern kaputt machen.“ Damit spielte Jung auf eine Protestveranstaltung der autonomen Szene an, die zuvor moniert hatte, dass Ein-Euro-Jobber auf der Trasse ausgenutzt würden.”
http://www.wz-newsline.de/index.php?redid=851025
Das Aktionsvideo gibt es übrigens auch als grosse mov-Datei bei Vimeo (http://vimeo.com/bastawuppertal) und als flv bei YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=w9MIgiVv5bk)
[...] basta! eröffnet die Nordbahntrasse | basta ! [...]
Tipps fürs Tal von indymedia
Insider 09.06.2010 – 00:39
Nehmt mal die Diakonie mit ins Visier; die Betreiben in Wuppertal noch wesentlich mehr 1€-Firmen, vom Möbelladen (Bandstraße), “Werkstatt” (Fuchsstraße), Second-Hand-Shop “Brockenhaus” in der Hünefeldstraße usw.
Die Dekra ist auch ganz dick im Geschäft (Uellendahler Straße). Dort wird so ziemlich jeder hingeschickt, wer eine psychische Behinderung hat, bevor er einen Reha-Antrag genemigt bekommt. U.a. betreibt die Dekra auch die “Toys Company”, wo man mit Spielzeug reparieren beschäftigt wird.
Ähnlich geht es bei Proviel (nähe Loher Brücke) zu; dort arbeiten ebenfalls behinderte Menschen für nen Hungerlohn, allerdings nicht für ‘nen Jahr, sondern dauerhaft.
Also besser 1,50€ und nicht zuhause rumsitzen als gar nichts. Klar ist es nicht viel für den dienst dennoch sehe ich es ok. Ich würde lieber den dienst auf der nordbahntrasse machen und 1,50€ verdienen als zuhause dumm rum zusitzen und einzugehen. Hier spalten sich die meinungen ganz klar, es ist auch ein “heikles” thema. Doch überlegt mal, manche haben jahre lang nichts gemacht, haben sich zuhause eingeigelt weil der arbeitsmarkt nicht sooo der brenner ist, und haben sich vielleicht schon aufgegeben… durch z.B den Wachdienst der Nordbahntrasse können sie sich ein neues Gefühl holen das doch nicht alles umsonst ist wie sie dachten. Und wenn man irgendwann nach der Sachkundeprüfung von einer Guten Wachfirma übernommen wird und mehr verdient find ich das gar nicht mal so falsch!
[...] Ich könnte an dieser Stelle auf die Probleme mit dem Fledermausschutz, der Beschäftigung von Ein-Euro-Jobbern zum Bau der Trasse, den internen Querelen der WuppertalBewegung an Hand der Vorgänge um die Webseite des Vereins oder [...]