basta! geht baden…

Zur Zukunft des schließungsbedrohten Mirker Freibads.

Die Sektion Wassersport von Basta! schwamm am 10.Juli beim 12-Stunden Schwimmen mit und sprach am Rande mit dem Förderverein Pro Mirke über die Zukunft des schließungsbedrohten Freibads.

An einem so affenheißen Tag braucht einem keiner erst zu erklären, warum es ein Schwimmbad in Wohnortnähe braucht: Wer immer die leichte Steigung an der Schrebergartensiedlung vorbei zu dem Traditions-Freibad hinter sich gebracht hat, will nur noch eines: möglichst schnell ins kühle Wasser! So kommt die fünfköpfige basta!-Badedelegation denn auch auf 2,36 Wasserkilometer – den notorischen NichtschwimmerInnen in den eigenen Reihen zum Trotz.

Es sieht nicht aus wie mitten in einer sterbenden Stadt, dieses inzwischen 150 Jahre alten Arbeiterinnen- und Bürgerbad, in dem heute zahllose Kinder und Jugendliche toben. Dabei steht auch dieses Bad auf Streichungsliste von Stadtkämmerer Slawig und OB Jung. Nach Auffassung von Heiner Mokroß, dem Vorsitzenden des Fördervereins „Pro Mirke“, das für den Erhalt des Traditionsbads kämpft, würde die Stadtspitze damit die Stadt tatsächlich kaputtmachen: Eine Stadt, die sich kein Freibad mehr leisten kann, ist eine sterbende Stadt“, meint Heiner.

Nachdem seit Jahren und Jahrzehnten nicht mehr in die Modernisierung der Freibäder investiert wurde, sind die Betriebskosten – insbesondere die Energie- und Wasserkosten – derartig hoch, dass ein Betrieb mit moderaten Eintrittspreisen finanziell einfach nicht zu stemmen ist. Unter den gegebenen Bedingungen ist von daher auch die von städtischer Seite präferierte Option, den Betrieb einfach an eine Privatinitiative auszulagern, schon aus Gründen der Rentabilität völlig absurd. Heiner Mokroß hält sie auch aus stadt- und sozialpolitischen Gründen für falsch. Bäder gehören schließlich, ob „freiwillige Leistung“ oder nicht, zu einer kommunalen Grundversorgung dazu. Der Zugang zu diesen Bädern, das Schwimmen und vor allem: das Schwimmen lernen, müssen daher für alle zugänglich und erschwinglich bleiben.

Der Förderverein erarbeitet derzeit unter Mitwirkung von Wuppertalern Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung eine Machbarkeitsstudie für einen Umbau der Mirke zum klimaneutralen Naturbad, der sich stark an ökologischen Kriterien, aber eben auch an ökonomischen Gesichtspunkten der Sparsamkeit orientieren soll. Es gibt seit Jahren hochkarätige Einrichtungen wie die Bergische Universität, das Wuppertalinstitut oder die Energieagentur NRW, die Möglichkeiten, effizient und umweltfreundlich zu wirtschaften aufzeigen.

Ein Beispiel: Sonnenenergie statt Erdgas nutzen, um das Wasser des Bades auf die gewünschten Temperaturen zu bringen. Dies wäre eine Option für das Freibad Mirke. Mit einer sog. Absorbertechnik wäre es möglich, hierfür die zur Zeit ungenutzt auf den Gebäudedächern gestaute Sonnenwärme zu nutzen. Auch auf den Zusatz von Chlor im Wasser könnte durch Einsatz eines Biofilters verzichtet werden. Pro Mirke geht davon aus, dass durch Reduzierung der Energieintensität, und natürlich durch Kreativität und gute Planung die jährlichen Kosten von derzeit € 365.000 (inklusive Verwaltungskosten, Quelle HSK) auf etwa € 125.000 im Betrieb durch eine private, gemeinnützige Trägergesellschaft enorm reduziert werden könnten.

Einen Betriebskostenzuschuss allerdings müsste die Stadt weiterhin tragen. Denn auch wenn Pro Mirke mit der Erarbeitung des Umbaukonzeptes in Vorleistung geht und eine private Trägergesellschaft gegründet wird, so bleibt der Betrieb aus Sicht des Vereins eine Gemeinschaftsaufgabe, die eine kommunale Beteiligung zur Daseinsvorsorge beinhaltet. Denn: Der kostengünstige Zugang zum Schwimmbad hat auch nach dem Umbau erste Priorität, ist jedoch i.d.R. für den Betreiber nicht rentabel. Natürlich könnten die Kosten durch eine verstärkte Auslagerung auf Ehrenamtliche noch stärker gedrückt werden, aber, so Mokroß, es geht hier um qualifizierte Arbeit, und die soll auch anständig bezahlt werden. Zudem gibt es, wie überall, Probleme, Ehrenamtlichkeit nach der ersten Euphoriephase auf Dauer zu stellen.

Und wie sieht das beim Umbau selbst aus? Angesichts des (nicht nur) Wuppertaler Trends, dass bei öffentlich wünschenswerten und gemeinnützigen Projekten sogleich die ARGE – in Verbund mit GESA und anderen Trägern – in die Bresche springt und zwangsverpflichtete Ein-Euro-Jobber einsetzt, um die Kosten des Faktors Arbeit nach unten zu schrauben, liegt die Vermutung, dieses Modell könnte auch hier umgesetzt werden, nicht sehr fern.

Heiner Mokroß von Pro Mirke ist allerdings der Auffassung, dass so ein Projekt wie die Renaturierung und Modernisierung des Freibades Mirke nicht durch alleinigen Einsatz von ehrenamtlichen Helfern und Kräften des sog. 2. Arbeitsmarktes gestemmt werden kann. Bei den Naturbadarbeiten handelt es sich vor allem um qualitativ hochwertige Arbeit, die Fachkräfte erfordert. Denn auf lange Sicht werden die Folge- und Betriebskosten nur dann niedrig gehalten werden, wenn auch eine dauerhafte und gute Qualität garantieren werden kann. Dass das Konzept aufgeht, hängt seiner Einschätzung nach nicht so sehr daran, dass die Kosten möglichst niedrig gedrückt werden, sondern dass das Betriebskonzept stimmt und die Identifikation und Solidarität der Nutzer und Nutzerinnen mit dem Bad gegeben ist.

Und die Ansprüche an Qualität und Attraktivität eines fertig umgebauten Bades sind hoch: so träumt Pro Mirke von einem ganzjährigen Freibadbetrieb mit Blockhütten-Sauna, einer Rafting-Bahn im renaturierten Bachlauf des Vogelsangbach und einem Tretbecken; außerdem soll das Becken nach Möglichkeit nicht mit Stadtwasser, sondern eigenem Brunnenwasser gespeist werden.

Die Mittel für den Umbau sollen bei verschiedenen Stiftungen und Einrichtungen, aber auch bei den zahlungskräftigeren NutzerInnen des Freibads eingeworben werden. Zunächst aber steht am 29. August die Präsentation der Machbarkeitsstudie an. Im Anschluss daran sollen Bäderplaner/Architekten im Rahmen eines kleinen Wettbewerbes auf Grundlage der Machbarkeitsstudie ihre Konzepte einarbeiten, und Ende des Jahres soll der Entwurf für den Umbau fertig sein.

Was passiert aber, wenn Kommunalverwaltung und –Politik trotz allem das Konzept nicht unterstützen, weil sie an einem „weichen Standortfaktor Naturbad“ einfach kein Interesse haben? Das wäre das Aus für das hundertsechzigjährige Freibad. Die Freibadsaison 2010 wäre dann die letzte gewesen, die die (nicht-motorisierten) ElberfelderInnen noch genießen konnten. basta! hofft deshalb, dass Politik und Verwaltung ihre Engstirnigkeit gegenüber den Bedürfnissen der Wuppertaler BürgerInnen ablegen und das Engagement des Fördervereins von dieser Seite nach Kräften unterstützen werden – und zwar auch dann, wenn es nicht ganz „kostenneutral“ zu haben ist. Alles andere wäre zwar strunzendumm . Aber wir wissen ja leider, dass das kein Hinderungsgrund ist.

weitere Infos dazu  unter http://www.pro-mirke.de

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  1. WZ sagt:

    Keimbelastung: Freibad Mirke erneut geschlossen
    http://www.wz-wuppertal.de/?redid=894498

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