In einer Stadt wie Wuppertal, in der nahezu 15% der Bevölkerung mittlerweile auf Leistungen der ARGE angewiesen ist, ist die Höhe des Regelsatzes, der den Menschen zur Verfügung steht, ein besonders grosser Faktor, wenn es um die Lebensqualität der Stadt geht.
Wenn – wie bei der derzeitigen Höhe des Hartz IV-Regelsatzes – ein grosser Teil der Bevölkerung von der Teilhabe an sozialen Kontakten, Kultur und Sport ausgeschlossen ist, und wenn infolge der diversen Salamischeiben des Slawig’schen Sparpaketes zudem noch die Eintrittspreise städtischer Einrichtungen erhöht werden oder soziale und nachbarschaftliche Initiativen unterfinanziert arbeiten müssen, dann ist die Höhe des Regelsatzes nicht nur für jeden einzelnen der betroffenen Menschen eine Schicksalsfrage, sondern auch für die Stadt in der/sie lebt. Recht auf Stadt macht sich auch an der Teilhabe aller Menschen am Leben in einer Kommune fest.
Mangelernährung, schlechtere Bildungschancen, unzureichende Teilhabemöglichkeiten und Diskriminierung von Leistungsbeziehenden Menschen wollen wir nicht hinnehmen. Gerade in „überschuldeten“ Städten wie Wuppertal, die ihre sogenannten „freiwilligen Leistungen“ drastisch einschränken, braucht man Einkommen zum Auskommen um menschenwürdig leben und teilhaben zu können.
Es darf nicht sein, dass die Lernvoraussetzungen für Kinder aus einkommensarmen Haushalten von der kommunalen Haushaltslage abhängig gemacht werden. Wir wollen nicht hinnehmen, dass immer mehr Menschen auf die Lebensmittelabfälle der Supermärkte angewiesen sind, die von den Tafeln an „Bedürftige“ weiterrereicht werden. Und wir haben genug davon, dass hier in Wuppertal das Ein-Euro-Job-Unwesen boomt, weil immer mehr Menschen auf die kärgliche 1,50 Euro „Mehraufwandsentschädigung“ angewiesen sind, um überhaupt über die Runden zu kommen.
Am 10.Oktober veranstaltet ein breites Bündnis in Oldenburg eine bundesweite Demonstration für die sofortige Erhöhung des Hartz IV-Regelsatzes um 80 Euro. Eine solche Erhöhung wäre ein erster Schritt zu einem menschenwürdigen Leben aller Menschen. basta! ruft gemeinsam mit der Erwerbsloseninitiative Tacheles e.V. zur zahlreichen Teilnahme an dieser Demonstration auf. Lasst uns ein unübersehbares Zeichen setzen, dass die derzeit ins Gespräch gebrachten Erhöhungen des Regelsatzes „deutlich unter 20 Euro“ eine alle Betroffenen verhöhnende Unverschämtheit sind und wir nicht Ruhe geben, bis eine angemessene Anpassung der Leistungen erfolgt ist. Schlagt mit uns Krach! Bringt Kochtöpfe und andere Lärminstrumente mit. Wir werden nicht nur laut sein, sondern auch viel Spass bei unserem Ausflug haben.
Wir fahren in Wuppertal ab dem Hauptbahnhof mit einem von Tacheles organisierten Bus nach Oldenburg, die Abfahrt ist um 8:30 Uhr. Der Fahrpreis beträgt für Erwachsene 8, für Kinder 4 Euro. Damit einigermaßen eingeschätzt werden kann, wie viele Personen mitfahren, wird um frühzeitige Anmeldung gebeten. Das Anmeldeformular kann mit dem folgenden Link heruntergeladen werden.
Anmeldeformular-Busfahrt-Demo (pdf)
Nachfolgend dokumentieren wir eine leicht gekürzte Fassung des Demonstrationsaufrufs. Der vollständige Text kann auf der Homepage der Demonstration nachgelesen werden.
Der leicht gekürzte Demonstrationsaufruf:
Kommt am 10.10.2010 nach Oldenburg,
bringt Kochtöpfe und Kochlöffel mit!
Wir wollen dafür demonstrieren, dass Erwerbslose nicht bevormundet und diskriminiert werden und dass man sie nicht mit Hungerleistungen und Chipkarten abspeist.
Deshalb:
In die Pötte kommen!
Krach schlagen statt Kohldampf schieben!
Mindestens 80 Euro mehr für Lebensmittel sofort!
Noch in diesem Jahr muss die Bundesregierung die Hartz-IV-Sätze neu berechnen. Viele Erwerbslosengruppen, so auch Tacheles e.V., fordern für Erwachsene mindestens 500 Euro Regelsatz für alleinstehende Erwachsene. Noch in diesem Jahr muss es genug Geld geben für eine ausreichende und ausgewogene Ernährung. Für Ernährung gibt’s heute für Erwachsene nur 118 Euro monatlich, pro Tag 3,94 Euro, für ein 13-jähriges Kind gar nur 2,76 Euro. Das ist ein gesellschaftlicher Skandal. Mindestens 80 Euro mehr im Monat sind für eine ausreichende und einigermaßen ausgewogene Ernährung bei Erwachsenen notwendig!
Zu wenig Hartz IV ist schlecht für alle!
Mit Hartz IV sind wir gezwungen, bei Aldi und Lidl einzukaufen. Aber wir wollen nicht als Rechtfertigung für den Preiskrieg der Discounter missbraucht werden. Mit ihrer wachsenden Marktmacht bedrohen sie die Existenz kleiner LebensmittelproduzentInnen, sind verantwortlich für unmenschliche Löhne und Arbeitsbedingungen auf der ganzen Welt und zerstören mit immer weiteren Transportwegen die Umwelt.
Uns ist die Qualität unserer Ernährung und unserer Umwelt nicht egal. Und es ist uns auch nicht egal, unter welchen Bedingungen – weltweit – die Lebensmittel produziert und verkauft werden und wie dabei mit unserer Umwelt und den Tieren umgegangen wird. Wir wollen faire, gerechte und nachhaltige Arbeits- und Lebensbedingungen für alle Menschen auf der ganzen Welt! Mit dieser Einstellung stehen wir nicht alleine da: Gewerkschaften und Landwirte streiten mit uns.
Wir bestehen darauf, dass der von allen erarbeitete gesellschaftliche Reichtum gerecht verteilt wird. Jeder Mensch hat ein Recht auf ein menschenwürdiges Einkommen, egal ob sie oder er gerade Arbeit hat oder nicht!
Ministerin von der Leyen will erwerbslosen Eltern vorschreiben, wie sie die Bedürfnisse ihrer Kinder nach Bildung und gesellschaftlicher Teilhabe befriedigen sollen. Zu diesem Zweck sollen die Kinder kommunal bereitgestellte Sachleistungen über eine Chipkarte abrufen. Wir aber wollen selbst bestimmen, was gut ist für unsere Kinder! Wir wollen den Bedarf unserer Kinder mit Geld decken und eigenverantwortlich damit umgehen. Schluss mit der Bevormundung!
Tja irgendwie hat sich die SPD auch überlebt. Ihre Kritik an den Hartz 4 Sätzen ist sicherlich berechtigt, allerdings vermisse ich konkrete Vorschläge wo das Geld herkommen soll. Die SPD will die Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung zur Neuberechnung der Hartz-IV-Zahlungen im Bundesrat stoppen, wenn die Erhöhung des monatlichen Regelsatzes von 359 Euro nicht hoch genug ausfällt. „Es wird gekungelt, es wird gemauschelt, es wird getrickst, um die Hartz-IV-Sätze künstlich nach unten zu rechnen“, sagte Generalsekretärin Andrea Nahles. Allerdings sagt sie 0 dazu, woher das Geld realistisch kommen soll. Vom Gabriel hört man dazu auch nix.