Während dieser Text geschrieben wird, werden in Stuttgart mitten in der Nacht Bäume gefällt, nachdem das Parkgelände, das dem Wahnsinnsprojekt des neuen Bahnhofs Stuttgart 21 weichen muss, um Punkt 00:00 Uhr in den Besitz der Bahn übergegangen ist. Während dieser Text geschrieben wird, greifen mit Gasmasken ausgerüstete Polizisten mit Reizgas und Polizeiknüppeln tausende, noch immer friedliche Demonstranten im Dunkel der Nacht brutal an. Während dieser Text geschrieben wird, werden noch immer hunderte Verletzte von den Polizeieinsätzen des Tages ärztlich versorgt.
Mehrere Live-Streams vom Geschehen, dutzende von berichtenden Internetseiten und tausende Twitterfeeds in wenigen Minuten dokumentieren um 2 Uhr am Morgen das endgültige Abgleiten des Landes in einen Polizeistaat, der die Interessen grosser Investoren, scheffelnder Baukonzerne und profilierungssüchtiger Politiker auch mit nackter Gewalt gegen angemeldete Schülerdemos, protestierende Bürger und ganze Familien einsetzt. Und obwohl die staatlichen Prügeltruppen diesmal keinen „schwarzen Block“ oder „professionellen Chaoten” treffen, sondern Rentner, Beamte, Kinder und Hausfrauen, berichten die grossen öffentlichen Fernsehanstalten ziemlich zurückhaltend, wo bei vergleichbaren Geschehnissen in anderen Ländern eine Sondersendung die nächste jagt.
Überall in Deutschland haben am Donnerstag bereits Solidaritätsaktionen mit den Protesten gegen „S21“ stattgefunden – so auch in Wuppertal am Hauptbahnhof. Für den heutigen Freitag sind bereits dutzende Mahnwachen und Demonstrationen angekündigt, so z.B. um 17 Uhr am Düsseldorfer Hbf.
Auch in Wuppertal wird es erneut eine Solidaritätsdemonstration geben – im Anschluss an die Düsseldorfer Veranstaltung. Um 21 Uhr treffen wir uns am „Wuppertaler S21“ – dem Döppersberg – um unseren Zorn über die Polizeigewalt und unsere Verachtung für die handelnden Politiker und Unternehmen zu zeigen. Treffpunkt ist der Tunneleingang in den Hauptbahnhof.
Es ist Zeit, zu zeigen, wem die Städte und Regionen, die Parks und Strassen gehören! Wir fordern alle Wuppertaler auf, am heutigen Abend zu zeigen, dass wir nicht zusehen, wie der Polizeistaat durchgesetzt wird!
Stuttgart ist überall!
Sofortiger Baustop für den Bahnhof „Stuttgart 21“!
Sofortiger Baustop für diesen Döppersberg-Umbau!
Solidarität mit den Demonstranten in Stuttgart!
Schluss mit der Polizeigewalt!
Die Städte gehören uns!
Überraschend hellsichtiger Kommentar bei n-tv (sic!): “Blutige Augen, weinende Kinder, entsetzte Bürger. Die Regierung in Stuttgart macht Ernst und setzt auf Eskalation. Doch was wie ein politisches Selbstmordkommando aussieht, ist in Wirklichkeit eine Strategie.” (Ganzer Kommentar: http://xrl.in/6g4b)
Der Link in unserem Tweet zur Charaktermaske Rech (Innenminister BaWü), der sich im ZDF vor laufenden Kameras selbst entlarvte, war offenbar falsch. Hier der richtige Link zum denkwürdigen Interview mit dem Mann, der eine Schülerdemo gewaltsam überfallen liess: http://xrl.in/6g4e
DOEPPERSBERG21
Ich möchte kurz an folgendes erinnern und fragen ob den Wuppertalern klar ist, worauf sie sich eingelassen haben:
auszugsweise von: http://doeppersberg.de/start.html
Wichtige Entscheidung für den Döppersberg
Am 17. Mai 2010 hat die Mehrheit des Wuppertaler Stadtrates die Durchführung des zweiten Bauabschnitts für den neuen Döppersberg beschlossen. Der zweite Bauabschnitt beinhaltet den Bau des neuen Busbahnhofs und der Bahnhofsmall, außerdem die Verlegung der Bahnhofsstraße und der Straße Döppersberg und schließlich auch die Absenkung der B 7 im Bereich des heutigen Busbahnhofs. Die Entscheidung des Rates macht es möglich, dass jetzt die dafür notwendigen Arbeiten ausgeschrieben werden können. Erste vorbereitende Maßnahmen für den Umbau Döppersberg im Bereich des Bahnhofs und der Dessauerstraße wurden bereits begonnen. Die eigentlichen Arbeiten für den neuen Döppersberg starten 2011.
In der Ratsitzung machte Oberbürgermeister Peter Jung noch einmal deutlich, welche herausragende Bedeutung der neue Döppersberg für Wuppertal hat: “Der Döppersberg-Umbau ist eines der wichtigsten Signale dafür, dass sich Wuppertal auch in finanziell schwierigen Zeiten weiter entwickelt und ein Vorhaben realisiert, das entscheidend zur Leistungsfähigkeit und zur Attraktivität unserer Stadt beitragen wird.”
SPIEGEL online mit einer kurzen Bilderstrecke von der Räumung. http://tinyurl.com/2fu8rkr
Zunehmend bizarre Formulierungen im Staatsfernsehen: “Polizei und Demonstranten liefern sich im Schloßpark Auseinandersetzungen mit Wasserwerfern und Tränengas…” Wo kriegen wir für heute abend einen Wasserwerfer her?
[...] Informationen über die für heute Abend um 21 am Hauptbahnhof geplante Demonstration finden sich auf der Seite von “basta!”. Folgt uns auf twitter! Schlagwörter AStA ATOM Berlin Big Brother Awards Bildungsstreik [...]
EIns von vielen Videos: http://xrl.in/6g4y (Kampftruppen und Schläger gegen Schüler)
Unser Demonstrationsaufruf bei njuuz – http://www.njuuz.de/beitrag9016.html – ist nach einer kleinen Änderung wieder online.
Naja, die architektonische Qualität der abzureißenden Gebäude und Verkehrsbauwerke ist aber minder als der in Stuttgart. und der Busbahnhof neben dem Bahnhof schon eine gute Idee. Bäume wie im Schloßgarten müssen auch nicht gefällt werden. Wuppertal Döppersberg ist nicht Stuttgart.
Naja, werter “Moppedfahrer”. Da geht es vielleicht gar nicht um Bäume und Bahnhöfe, sondern um die Kohle, die Verfügungsgewalt über die Kohle und wer am Ende die Kohle davonschleppt, während andere sich den Eintritt in die tollen neuen Bahnhofswelten nicht mehr werden leisten können… Und ob der Busbahnhof “da oben” wirklich eine gute Idee ist, wird sich genau dann zeigen, wenn jener am Wall aus allen Nähten platzt, weil kein Mensch mit seinen Einkäufen oder von der Schwebebahn “da hoch” laufen wird.
Zur Erinnerung unsere Rede zum Döppersberg
Rede zum Spatenstich
Soziale Stadt statt Döppersberg!
von Mina Knallenfalls
Wuppertal 30. Juni 2009
Liebe WuppertalerInnen.
Wir sind sehr erfreut heute den Spatenstich für den neuen Döppersberg vornehmen zu dürfen. Darauf haben wir WuppertalerInnen 90 Jahre gewartet. Vor zehn Jahren hat ein Volksentscheid kurz vor der Kommunalwahl den skandalös unsozialen Umbau des Döppersberg gestoppt. In einer wunderbaren Zukunftswerkstatt entwickelte die Bevölkerung mit ihrem gesammelten Wissen die Vision eines sozialen und ökologischen Döppersberg . Voller Begeisterung stehen wir heute hier, diese Stadtplanung von unten mit dem nächsten Bauabschnitt zu beginnen. Der neue Döppersberg wird ein wahres Juwel und ist schon jetzt ein Leuchtturm für Selbstermächtigung und Selbstorganisierung. Sehen Sie selbst:
Vor uns erstreckt sich die neue „Husch-Husch-Arena“ für nichtkommerzielle rotzfreche Asphaltkultur mit dem neuen Husch-Husch-Denkmal. Es soll an die Widerständigkeit der Wuppertaler Armen und Widerspenstigen erinnern, die sich schon immer dem Zugriff der kapitalistischen Normalität entzogen haben. Wir erinnern insbesondere an Husch-Husch alias Peter Held, dem wir das Denkmal namentlich widmen. Er war sog. Stadtstreicher, er wurde von den Polizeibehörden und den Nazis verfolgt und ins Gefängnis gesperrt. Er starb nach dem Krieg in der Irrenanstalt Galkhausen.
Zur Linken finden Sie das neue Wuppertal-Institut. Dort wird seit 10 Jahren an einer sozial gerechten und ökologischen Stadtökonomie gearbeitet.
In der großen Krise 2009 entwickelte sich massenhaft das Bedürfnis nach einer sozialgerechten und ökologischen Stadtentwicklung. Seit dieser Zeit ist der öffentliche Nahverkehr umsonst. Der Wuppertaler Arbeitsmarkt wurde total umgekrempelt: Die erwerbslosen WuppertalerInnen waren es satt, in Ein Euro Jobs von den sog. Wohlfahrtsverbänden ausgebeutet zu werden, Verdi, die FAU und die IG-Metall setzten Mindestlöhne von 10 Euro und eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden durch, Leiharbeitsfirmen wurden geschlossen und in Zusammenarbeit mit dem Wuppertal-Institut wurde der Umbau der Automobilzulieferer-Industrie vorangetrieben, seit dieser Zeit sind u.a. die Solar-Busse und die Schwebebahnen made in Wuppertal weltweit äußerst beliebt.
Auch die Arge macht den WuppertalerInnen keine Angst mehr. Im November 2009 wurde Hartz IV abgeschafft und schrittweise ein Existenzgeld von 800 Euro (ohne Miete) ohne Arbeitszwang eingeführt. Seit dieser Zeit florieren selbstorganisierte Stadtteilprojekte. Die Mitarbeiter der ARGE arbeiten seitdem erfolgreich in der Steuerfahndung.
Im ehemaligen KÖBO-Haus an der Platte gibt es seit 2010 in der ehemaligen Polizeiwache ein großes Medi-Zentrum für die freie Gesundheitsversorgung aller. Hier arbeiten seit dem großen Ärzte-Krankenpfleger-PhysiotherapeutInnen-Streik von 2009 alle Angehörigen der Gesundheitsberufe gleichberechtigt, halbtags und mit einer angemessenen Vergütung. Selbstverständlich werden alle gesellschaftlich bedingten Süchte behandelt, die ärztlich kontrollierte Abgabe von Heroin gehört genauso dazu wie die therapeutische Behandlung von Workaholics.
In der ehemaligen Bahnhofsdirektion ist übrigens neben der Gedenkstätte für die Wuppertaler deportierten Juden die neue Friedrich Engels Gesamt (hoch) Schule eingezogen. Der Kampf für die Zerschlagung des viergliedrigen Schulsystems war sehr hart. Trotz finnischer Entwicklungshilfe zog sich der Kampf gegen das deutsche Gymnasium bis 2011 hin. Das ehemalige Dörpfeld-Gymnasium, die heutige 13. Spartakus-Gesamtschule, fiel erst nach vierjähriger Belagerung. Burschenschaftler und ehemalige Schüler hatten sich bis zuletzt an die Arno Breker –Statue angekettet und kämpften letztlich erfolglos um ihre Privilegien.
Nach dem Bildungsstreik 2009 wurde das viergliedrige Schulsystem schrittweise abgeschafft und durch eine Schule für alle ersetzt. Sonderschulen und Gymnasien wurden verboten. Seit dieser Zeit gibt es auch einen kostenlosen Mittagstisch für alle SchülerInnen.
Die Universität, die hier am Döppersberg einen licht durchflutenden Hörsaal errichtet hat, wurde nach mehrmonatiger Besetzung zur Friedrich Engels Gesamt (hoch) schule, dort studieren jetzt ohne Zugangsbeschränkungen alle Altersgruppen ohne Studiengebühren und ohne Zeitdruck, denn Bachelor und Master wurden sofort abgeschafft.
Der scheußliche Tunnel zur Rechten wird genauso wie die Wupper wieder zum Eldorado des Wassersports. Nach seiner Flutung können im Bootshaus in der ehemaligen BGS-Wache Gondeln und Elektroboote ausgeliehen werden. Der Döpps-Kanal mit seinem Wildwasser wurde bis zum Mina Knallenfalls-Museum (dem ehemaligen Uhrhaus Abeler) in der Poststrasse ausgebaut. Der „Otto Böhne“ Tauchclub bietet stadtarchälogische Tauchkurse an.
Spaß bei Seite…
Wir wollen diesen Döppersberg-Umbau nicht! Wir wollen diese Verschleuderung von Millionen Euro nicht, weil gleichzeitig Sozialprojekten, das Wasser abgegraben wird. Statt der Kürzungen im Sozialbereich fordern wir eine soziale Infrastruktur und kostenfreie Gesundheitsversorgung für alle! Mit Beschäftigten, die von ihrer sinnvollen Arbeit gut leben können und nicht in Euro Jobs und in anderen prekären Arbeitsverhältnissen ausgebeutet werden. Und wir brauchen in Wuppertal keine neuen Bürotürme und Einkaufszentren. Die gibt es nämlich schon und stehen seit Jahren leer.
Uns gehört die Stadt“, diese alte Parole aller sozialen Kämpfe gilt es wieder zu beleben. Gegenwehr und Aufbau neuer solidarischer Strukturen gehören zusammen. „Wir bitten niemandem um etwas, vielmehr erschaffen wir hier und jetzt unsere kreative Aufsässigkeit, indem wir so weit wie möglich die Momente und Räume ausweiten, in denen wir sagen: Nein, wir beugen uns nicht den Anforderungen des Kapitals, wir werden etwas anderes machen, wir werden die Selbsthilfe fördern, die Kooperation, die Erschaffung gegen das Kapital. Es ist nicht leicht, es ist nicht offensichtlich, aber dies ist die Richtung, in die wir uns bewegen müssen, die wir erkunden müssen. Mit Wut, aber mit einer Wut, die andere Perspektiven eröffnet, die andere Dinge erschafft, eine Wut der Würde. (aus dem Grußwort von John Holloway)
Auf diese Wut vieler WuppertalerInnen setzen wir. Selbstorganisierung und Selbstermächtigung sind auf lange Sicht die einzige Perspektive den Zumutungen des kapitalistischen Normalzustandes zu entfliehen und was Neues aufzubauen!
Fangen wir damit beim Döppersberg an!
Freundeskreis Mina Knallenfalls
P.S. Nicht betteln und bitten, sondern Kampf um ein würdiges Leben!
[...] [...]
zur info:
Mit Knüppeln, Wasserwerfern und Reizgas lässt die baden-württembergische
Landesregierung das Prestigeprojekt “Stuttgart 21″ gegen friedliche
Bürger/innen durchprügeln.
Fordern Sie den Rücktritt des Innenministers und
einen sofortigen Baustopp!
http://www.campact.de/bahn/ml4/mailer
“Stuttgart 21″ geht alle an !!! Auch Eure Steuergelder werden hier verbuddelt. Vielen Dank für Eure Unterstützung und Eure Soli-Demo. Gestern waren wir im Stuttgarter Schloßpark – zusammen mit an die 100 000 anderen Menschen aller Alters- und Berufsgruppen – bei einer durch und durch friedlichen Kundgebung mit einem anschließenden Zug durch Stuttgart. Sehr betroffene aber sehr friedliche Menschen. Angesichts dessen, was im Schlosspark am frühen Morgen und am Tag zuvor passiert ist, herrschte dort zum Teil aber das blanke Entsetzen. Wir konnten mit einigen Menschen sprechen, die Zeuge waren, wie dieses “Projekt”, dessen Sinn inzwischen von zahlreichen seriösen Gutachten und teilweise auch von Mitverantwortlichen in Frage gestellt wird (s. neueste Ausgabe des “Stern”), mit Hilfe der Polizei durchgeprügelt werden soll. Wer nicht schon angesichts des abgerissenen Nordflügels des denkmalgeschützten Bonatz-Baus und der bedrohten und gefällten uralten Bäume Tränen in den Augen hatte, dem wurde “mit Reizgas geholfen”. Helft uns weiterhin – informiert Euch und tragt die Informationen über das, was hier passiert, in die Fläche (Infos: parkschuetzer.de, bei-abriss-aufstand.de usw.) Wir freuen uns über jeden informierten Bürger.
Friedlich bleiben – Oben bleiben!
Auch in Köln fand eine Soli-Demo statt. Ein Film ist hier: http://www.youtube.com/watch?v=Hj__xxaPUUw
Das was in Wuppertal läuft muß aufgehalten werden.
Der Döppersberg kann umgebaut werden, aber muß
das so ein Mamutprojekt sein. Soll man auf die Schulden
von Wuppertal und NRW keine Rücksicht nehmen?
Was ist mit den Bürgern in Wuppertal, egal?
Benötigen wir keine Lebensqualität in Wuppertal,
Schwimmbäder – weg, Stadtteilbüros – weg, usw.
Was hat Peter Jung vor, ein Denkmal für sich?
Die Bürger dürfen sich das, was in Wuppertal passiert,
nicht länger gefallen lassen. Laßt uns auf die Straße gehen!!