Am Donnerstag, den 28. Oktober fand in Wuppertal auf Einladung des Wuppertaler Aktionsbündnisses basta! ein erstes regionales Treffen statt, dessen Ziel die bessere regionale Vernetzung urbaner Widerstände war. Unter dem Einladungstitel “Dein Recht auf die Stadt! Die rosa Bank, Widerstand und andere Ideen!” tauschten sich Menschen verschiedener Gruppen und Initiativen aus Witten, Bochum, Dortmund, Düsseldorf, Köln und Wuppertal über verschiedene Ansätze, den Status des lokalen Widerstandes, stattgefundene und geplante Aktionen und mögliche Perspektiven aus.
Deutlich wurde, dass nicht nur die Ausgangspositionen der jeweiligen Aktivitäten, sondern auch die Dynamik der jeweiligen Proteste gegen Sparhaushalte und/oder für das Recht auf Teilhabe Aller in der jeweiligen Stadt verschieden sind. Teilweise sind themenübergreifende Bündnisse, die sowohl sozial- als auch kulturpolitische Forderungen formulieren in einigen Bereichen erfolgreich (Witten, Wuppertal, Düsseldor), teils befinden sich solche Bündnisse noch am Anfang, sind noch nicht zustandegekommen, oder wurden als bereits gescheitert bezeichnet. In der Identifizierung der eigenen Stadt als Konfliktfeld gesellschaftlicher Auseinandersetzung mit einem hohen Potential an Wirksamkeit und Wahrnehmung bestand jedoch Einigkeit.
Gemeinsam wurde von allen Teilnehmer_innen auch die Notwendigkeit betont, kultur- und sozialpolitische urbane Proteste zusammenzuführen, ohne dabei eine strikte Unabhängigkeit gegenüber politischen Parteien aufzugeben. Über die Intensität einer dennoch möglichen, punktuellen Zusammenarbeit mit politischen Parteien gingen die Meinungen auseinander. Während in Düsseldorf offenbar mit oder für DIE LINKE eine bundesweite Konferenz zum Thema für Anfang nächsten Jahres in Vorbereitung ist, wurde von anderen diese Zusammenarbeit als zu intensiv empfunden.
Es folgte ein Austausch zu den jeweils bereits gelaufenen Aktionen, wobei auch das „Geheimnis der rosa Bank“ gelüftet wurde, bei der es sich um eine erfolgreiche Aktion aus Düsseldorf handelte, die inzwischen in anderen Städten Nachahmer gefunden hat. Bei den Gesprächen zu den geschilderten Aktionen standen zwei Bereiche im Mittelpunkt der Diskussion.
Das war zum Einen die öffentliche Rezeption der Inhalte und Formen der Aktionen, zum Anderen die Umstände, die eine Aktion nicht nur erfolgreich, sondern auch fortsetzbar machen.
Die öffentliche Wahrnehmung von Aktionen verläuft unterschiedlich. Während in Düsseldorf, Dortmund oder Witten überraschend viel mediale Berichterstattung erfolgte, wird das Aktionsbündnis in Wuppertal von der lokalen Tageszeitung und auch von den Regionalstudios im Rundfunk und Fernsehen beinahe totgeschwiegen. Öffentliche Wahrnehmung darf daher nicht nur auf die mediale Berichterstattung reduziert werden, sondern heisst auch mit eigenen Positionen an Punkte oder in Felder zu gehen, die in der Stadt ohnehin eine erhöhte kritische öffentliche Aufmerksamkeit geniessen. An jeder Konfliktstelle lassen sich die Funktionsweise neoliberal gestalteter Städte und die Interessen der Profiteure aufzeigen.
So lässt sich beispielsweise die Hartz IV-Thematik problemlos mit der steigenden Notwendigkeit, städtische Aufgaben und Investitionen an bürgerschaftliches Engagement zu delegieren, verbinden, wenn dieses den Einsatz „der Nachbarschaft“ als billige „Ein-Euro-Kräfte“ von vornherein einkalkuliert. Auch der Umgang mit öffentlichen Plätzen und deren Nutzung durch Personen „mit erhöhtem Freizeitanteil“ (Zitat: Westdeutsche Zeitung, General Anzeiger, Wuppertal) erhält durch Thematisierung von „Housing Improvement Districts“ mit Quartiershausmeistern, die als Ordnunsgkräfte der Immobilienbesitzer fungieren, eine neue Qualität.
Die Erfahrungen aus erfolgreich verlaufenen Aktionen, wie dem Theaterspektakel in Witten oder überraschend gute besuchten Veranstaltungen in Düsseldorf zeigten dabei vor allem auf: Voraussetzung dafür, dass sich viele Menschen beteiligen und die Inhalte wahrnehmen, und dafür, dass Folgeaktionen den Erfolg bestätigen können, ist eine hohe Kreativität bei der Themensetzung und bei der konkreten Umsetzung, sowie die verstärkte Berücksichtigung des „Spassfaktors“ für die beteiligten Menschen.
Nach der Pause erfolgte ein Austausch zu den Perspektiven einer regionalen Vernetzung urbaner Widerstandsbündnisse. Allen gemeinsam war die Einschätzung, dass persönliche Kontakte und idealerweise auch gemeinsame Aktionen der beste Weg sind, sowohl lokal als auch regional starke Bündnisse und Netze zu erreichen.
Ein abschliessendes Gespräch über eine alle Gruppen verbindende Klammer, die sowohl die Gentrifizierungsproblematik boomender Städte, als auch die Schrumpfung und die damit verbundenen Sparpakete der anderen miteinander verbindet, wurde letztlich vertagt. Allerdings wurde gesehen, dass inzwischen auch bis weit in bürgerliche Klassen hinein die grundsätzliche Forderung nach grösserer Teilhabe an den Entscheidungen in der eigenen Stadt und nach Teilhabe am urbanen Leben zunehmen, (z. B. derzeit in Stuttgart bei der Auseinandersetzung um „S21“). Auch blieb unbestritten, dass es den Bewohnern und Bewohnerinnen einer Stadt letztlich egal ist, ob ein Objekt aufgrund hoher Profitraten oder aufgrund eines Notverkaufs durch die Stadt an Investoren übergeht. Als Zwischenfazit dieses Diskussionsblocks blieb die Aussage, dass es keine Notwendigkeit gemeinsamer Forderungen gibt, solange gemeinsame Frontstellungen existieren, an denen sich Bündnisse bilden lassen.
Es soll Folgetreffen geben.