Presseinformation – Sammelantrag: Bürger_innen stellen Fragen zum Döppersberg
Montag, den 20.12.2010
Das Aktionsbündnis gegen das Totsparen Wuppertals und für das Recht auf Stadt – basta! – hat am heutigen Montag, den 20.12.2010 einen Sammelantrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Landes NRW (IFG NRW) bei der Stadt Wuppertal gestellt. Rechtzeitig vor der letzten Sitzung des Stadtrates in diesem Jahr, werden mit diesem Antrag Fragen rund um den, im nächsten Jahr beginnenden, Ausbau des Döppersberg gestellt, die durch die Stadt Wuppertal möglichst umfassend durch Offenlegung von bislang internen Dokumenten beantwortet werden sollen.
Der Sammelantrag, der derzeit von 35 Personen unterstützt wird, stellt Fragen, die trotz der durch die Verwaltung versprochenen Transparenz bislang unbeantwortet geblieben sind und deren Bedeutung mit jedem Tag, den der konkrete Baubeginn an der zentralen Elberfelder Verkehrsschnittstelle näher rückt, größer wird.
In dem Antrag, der heute sowohl postalisch an die Stadt als auch persönlich an Oberbürgermeister Peter Jung übermittelt wurde, geht es sowohl um Einzelfragen der Finanzierung und der Kosten des Projektes, als auch um planerische Nachfragen, die trotz intensiven Studiums der teils veralteten Grafiken und Pläne, die durch die Stadt zur Verfügung gestellt werden, nicht aufgeklärt werden können.
Beim Studium der zukünftigen Strassenführung entstehen beispielsweise berechtigte Zweifel an der Funktionalität des geplanten Busbahnhofes, speziell seiner Andienung durch Busse in einem Winter, wie wir ihn zur Zeit erleben. Leider werden in den groben, öffentlich zugänglichen Plänen keine Angaben über Steigungen, Verkehrsflüsse und Wartezeiten an den neu entstehenden Kreuzungen gemacht. Die Sammelanfrage soll diese Zweifel ausräumen.
Die zentralen Fragen des Sammelantrages beschäftigen sich jedoch mit den Kosten der einzelnen Bauabschnitte und der Finanzierung der nicht durch die Investitionssumme abgedeckten Baumaßnahmen. Auf den durch die Verwaltung zur Verfügung gestellten Bildern sind fast ausschließlich Gebäude und Neubauten zu sehen, deren Finanzierung offenbar noch gar nicht sichergestellt ist. Das betrifft nicht nur den Glaskubus, sondern auch alle anderen Teile des neuen Döppersbergs, für die noch private Investoren gesucht werden – den Verkaufspavillon auf der neuen Fußgängerbrücke ebenso wie das zukünftige Parkhaus oder die zentrale Mall, die in den Plänen der Stadt die derzeitige Bahnhofshalle ersetzen soll.
Da Investoren für die einzelnen Bereiche bisher nicht genannt wurden, gehen wir davon aus, dass sie zum jetztigen Zeitpunkt auch noch nicht gefunden sind. Streicht man jedoch die betroffenen Baumaßnahmen aus den Plänen und Zeichnungen, bleibt vom „neuen Tor zur Stadt“ wenig bis nichts übrig, teilweise wird dadurch das gesamte Projekt infrage gestellt. (Das betrifft vor allem die zentrale Mall, die der neue Zugang zum Hbf werden soll.)
Hieraus ergibt sich auch die Frage, wofür eigentlich die hohe öffentliche Investitionssumme im Einzelnen ausgegeben werden soll. Deshalb beantragen wir mit der Sammelanfrage auch die Veröffentlichung eines detaillierten Kostenplanes, der die Befürchtung widerlegt, dass mit den Architekturzeichnungen lediglich „Potemkin’sche Dörfer“ dargestellt werden und bisher ausschließlich eine fragwürdige neue Verkehrsführung und eine Fußgängerbrücke statt des bisherigen Tunnels finanziert sind.
Laut Informationsfreiheitsgesetz des Landes NRW (IFG NRW) hat die Stadt Wuppertal vier Wochen Zeit, das Informationsbegehren durch Herausgabe von aussagekräftigen Dokumenten zu beantworten. Das Aktionsbündnis basta! wird über das Ergebnis des Antrags weiter informieren und in den nächsten Wochen auch noch weitere Unterschriften sammeln, um dem Anliegen noch größeren Nachdruck zu verleihen.
Der Sammelantrag kann hier heruntergeladen werden: antrag (pdf-Datei)
basta! Aktionsbündnis gegen das Totsparen Wuppertals und für das Recht auf Stadt
Döppersberg-Umbau wird zum Kampf mit den Kosten
WZ 7.1.2010
Von Robert Maus
Analyse: Die Arbeiten haben begonnen. Das Mammutprojekt soll 105 Millionen Euro kosten – und keinen Cent mehr. Geht das?
Anzeige
Elberfeld. Der Ausbau des Döppersbergs geht in die heiße Phase. Mit den Abrissarbeiten am Seitenflügel des Hauptbahnhofs und der Sperrung der Straße Döppersberg ab Sonntag wird ein Projekt begonnen, das in Wuppertal seit Jahren kontrovers diskutiert wird – und das bis 2017 den Verkehr behindern wird.
Peter Jung: Umbau des Döppersberg unumkehrbar
Als „unumkehrbar“ hat Oberbürgermeister Peter Jung den Umbau des Döppersbergs im Mai bezeichnet. Das war während der entscheidenden Ratssitzung, als der Stadtrat die Kosten des Projekts auf 105 Millionen Euro festgezurrt hatte.
analyse
Großbild Andreas Fischer
Im Baufeld: Ein Blick auf die Straße Döppersberg. Sie wird am Sonntag für den großen Umbau gesperrt.
Laut Jung darf an dieser Kostengrenze nicht gerüttelt werden. Trotzdem: Die Stadt Wuppertal finanziert den Umbau mit 17 Millionen Euro Schulden. Das steht eindeutig im Durchführungsbeschluss, den der Stadtrat im Mai verabschiedete. Demnach wurden bereits Kredite in Höhe von 8,6 Millionen Euro aufgenommen, weitere 8,8 Millionen Euro sind durch neue Schulden zu finanzieren. 19 Millionen Euro kann die Stadt aus den Verkaufserlösen von Anteilen der Stadtwerke aufbringen.
65 Millionen Euro Fördergeld kommen vom Land
Den Rest der Finanzierung bringen Bund und Land auf, es geht um 65 Millionen Euro an Fördergeldern.
Umfrage
Bleibt es beim Umbau am Döppersberg bei 105 Millionen Euro?
Abstimmen
Aufgrund der langen Bauzeit gehen offenbar auch Wuppertals Politiker davon aus, dass der Umbau doch mehr als geplant kosten könnte. Im Beschluss steht wörtlich: „Bei der Neugestaltung des Döppersberg ist – wie bei sämtlichen Bauprojekten dieser Größenordnung – mit einer Steigerung des Baupreisindex zu rechnen. Die Durchführung der Baumaßnahme erstreckt sich von 2010 bis 2017 und geht aufgrund des langen Ausführungszeitraums mit entsprechenden Unsicherheiten in Bezug auf die Kostenentwicklung einher.“
Im November 2003 – damals gingen die Planer noch vom Baubeginn im Jahr 2004 aus – wurden die Baukosten auf 87,5 Millionen Euro geschätzt. 2006 wurde klar, dass das sogenannte Public-Private-Partnership Modell nicht funktionieren wird: Es gab kein Interesse der Wirtschaft daran, sich am Mammutprojekt zu beteiligen. 2007 wurden die Kosten mit zirka 90 Millionen Euro beziffert.
Im Dezember 2007 wurden bereits 93 Millionen Euro Umbaukosten veranschlagt. Die Landesförderung sollte 62 Millionen Euro betragen. 2009 sagte der damalige Verkehrsminister Lutz Lienenkämper mittlerweile 65 Millionen Euro Fördergelder zu. Seitdem werden die Baukosten mit 105 Millionen Euro beziffert.
Kostenplan wird in den nächsten Jahren auch zur Vertrauensfrage
36 Millionen Euro hat Wuppertal als Eigenmittel zu erbringen. Etwa vier Millionen Euro sollen von den Stadtwerken und der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft fließen. Oberbürgermeister Jung stellt kategorisch fest, dass der Umbau in Teilbereichen abgespeckt werden muss, wenn in anderen Bereichen die Kosten steigen. Dies sieht auch der Durchführungsbeschluss vor. Für Kritiker sind das potemkinsche Dörfer: Unter der Maßgabe, dass die Stadt nur notwendige Umbauten plant, können Projekte nur bedingt abgespeckt werden, ohne ihren Sinn zu verlieren. Nicht wenige Wuppertaler gehen davon aus, dass der Döppersberg teurer als bisher bekannt wird.
Es wird die große Aufgabe der Projektplaner sein, das Misstrauen zu zerstreuen. Vor allem an den Kosten werden sie sich in sechs Jahren messen lassen müssen. Sollte der Döppersberg große Löcher in die ohnehin schon stark defizitäre Stadtschatulle reißen, wäre es für das Vertrauen der Bürger in die Politik eine Katastrophe.