Pressemitteilung des „Wuppertaler Bündnis gegen Nazis“
Wuppertal, den 10. März 2011
Staatsanwaltschaft vereitelt juristische Aufarbeitung der Nazi-Demo
Mitglieder des „Wuppertaler Bündnisses gegen Nazis“ verurteilen die Einstellung des Verfahrens gegen die Polizeiführung. Die Initiatorinnen und Initiatoren der Klage prüfen nun ein Klageerzwingungsverfahren.
Die Polizeistrategie und das Vorgehen von Polizeiführung und Einsatzkräften während des Nazi-Aufmarsches am 29.01.2011 führte bei zahlreichen beteiligten Bürgerinnen und Bürgern zu massiver Kritik. An diesem Tag hatte die Polizeiführung alles daran gesetzt, den Nazis ihren Marsch durch die Innenstadt zu ermöglichen. Die Polizeikräfte gingen unverhältnismässig und gewalttätig gegen antifaschistische Demonstrierende vor, während sie Straftaten der Nazis duldeten und Letztere durch die Stadt eskortierten. Vertreter des Bündnisses gegen Nazis haben aufgrund zahlreicher Vorfälle Strafantrag wegen „Strafvereitelung im Amt“ gegen die Polizeiführung gestellt.
Das Strafverfahren wurde mit Verfügung vom 24.02.2011 durch die Staatsanwaltschaft Wuppertal eingestellt. In der Einstellungsverfügung heißt es, es bedürfe für ein Strafverfahren eines „objektiven und subjektiven Tatbestand“. In einer Stellungnahme gegenüber der örtlichen Tageszeitung (WZ v. 05.03.2011) erklärt der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Wuppertal das Verfahren fusse „ auf blossen Vermutungen“ und werde daher eingestellt.
„Mit solch fadenscheinigen Argumenten stellt sich die Staatsanwaltschaft offen gegen eine juristische Aufarbeitung der Geschehnisse am 29. Januar. Wer in diesem Zusammenhang von ‚bloßen Vermutungen’ redet, ist offensichtlich nicht willens, sich die zahlreichen Filmdokumente, die den Strafantrag untermauern, überhaupt einmal anzusehen“, sagt Harald Thomé, einer der Initiatoren des Strafantrages. Gewalt- und Mordaufrufe der Nazis gegen Linke und Andersdenkende sind dank
der hervorragenden Arbeit des „Wuppertaler Medienprojektes“ ebenso gut dokumentiert, wie unverhältnismässige Polizeigewalt gegen Gegendemonstrierende. Die 56-minütige Filmdokumentation des Nazi-Aufmarsches wurde vor grossem Publikum mehrmals im CinemaxX aufgeführt. Eine aussagekräftige Nachlese der Geschehnisse ist auch auf Youtube unter dem Titel „Hallo ihr Trottel, Teil 6“ veröffentlicht. Das Filmmaterial verdeutlicht, dass die Nazis ihre Straftaten für alle Anwesenden sichtbar ausgeübten – auch unter den Augen und vor allem dem Schutz der Polizei. Das „Wuppertaler Bündnis“ wirft der Polizei daher vor, gegen Gewalt- und Mordaufrufe, antisemitische Hetze, das Absingen verbotener nationalsozialistischer Lieder und gegen die Vermummung von Nazis nicht eingeschritten zu sein. Sämtliche Vorwürfe finden sich im Übrigen in einem zweiten, anonymen Strafantrag wieder, der unabhängig von dem des Bündnisses bei der Staatsanwaltschaft einging.
Weil die Initiatorinnen und Initiatoren des Strafantrages die Untätigkeit der Justiz nicht ohne Weiteres hinnehmen wollen, wird derzeit ein Klageerzwingungsverfahren geprüft. „Angesichts der erdrückenden Beweislage wird die Begründung für eine Einstellung des Verfahrens zur Farce“, resümiert Thomé. „Die Staatsanwaltschaft ist offensichtlich nicht bereit, sich kritisch mit dem skandalösen Polizeieinsatz auseinanderzusetzen und muss sich den Vorwurf gefallen lassen, auf dem rechten Auge blind zu sein.“
Hintergrundmaterial:
Video des Medienprojektes: Hallo ihr Trottel, Teil 6
Video des Medienprojektes: Hallo ihr Trottel, Nachbereitung
Strafantrag gegen Polizeiführung