Zwischenzeitlich schien es, die zwischen Wuppertal und Essen gelegene Kleinstadt Velbert würde sich bewegen. Nach Erschienen des Films «H wie Heim(at)» mit BewohnerInnen des Flüchtlingsheims an der Talstraße, nach viel beachteten kritischen Presseberichten über die dortigen Zustände und nach öffentlichen Protesten sah es Ende letzten Jahres zumindest nach einem Teilerfolg der Kampagne «Wohnungen für alle» aus. Immerhin setzte sich sogar die CDU-Fraktion im Stadtrat zumindest dafür ein, Familien mit kleinen Kindern in eigene Wohnungen ziehen zu lassen.
Inzwischen glauben jedoch offenbar alle Ratsfraktionen daran, es sei genügend Gras über die Sache gewachsen, und das Problem ließe sich auf den Zustand sanitärer Anlagen oder das Funktionieren der Heizung reduzieren. Deshalb wurden mittlerweile einige – teilweise seit Jahren überfällige – Arbeiten an den Häusern in der Talstraße ausgeführt und die seit Langem angekündigte Renovierung soll nun umgesetzt werden. Von der Unterbringung in eigenen Wohnungen ist nun jedoch keine Rede mehr. Auch nicht für Familien mit kleinen Kindern.
Bewusst ignoriert wird dabei die Tatsache, dass sich die Proteste gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in Heimen anstatt in eigenen Wohungen nicht auf den Zustand einer Dusche beschränken. Es geht um verlorene Würde, um soziale Konflikte und um ein Dasein mit Rückzugsmöglichkeiten, Privatsphäre und Entfaltungsmöglichkeit für alle. Flüchtlingsheime mit ihrer Raumnot, dem alltäglichen Lagerkoller und dem Ausgeliefertsein gegenüber der Willkür Einzelner sind keine Umgebung für Menschen, die oft aus Krieg, Verfolgung und Not unter großen Gefahren geflohen sind. Schon gar nicht für Jahre, wie es in Velbert üblich scheint.
Aber Hilfe für Flüchtlinge ist auch nicht vorherrschende Politik. Vielmehr sollen sie in einer permanenten Opferrolle gehalten werden, damit sie möglichst schnell und geräuschlos weiter- oder abgeschoben werden können. Integration und Teilhabe sind dafür hinderlich. Die auch stigmatisierende Unterbringung in Lagern und Heimen ist deshalb ein wichtiges Instrument in den Händen der Behörden. Dass die Sammelunterbringung politisch gewollt ist, zeigt schon die Tatsache, dass keine sachlichen oder finanziellen Gründe gegen eine Unterbringung von Flüchtlingen in eigenen Wohnungen sprechen. Städte wie Wuppertal, in denen das weitgehend so gehandhabt wird, haben mit diesem Modell gute Erfahrungen gemacht.
In Velbert prägt aber ein anderer politischer Wille die wahrscheinliche Entscheidung des Stadtrats – er entscheidet am 27.März über einen Antrag der Partei DIE LINKE, der zwar nicht die Schließung des Heims aber eine dezentrale Unterbringung nach drei Monaten fordert, was wenigstens für die meisten jetztigen BewohnerInnen der Talstraße ein Ende des Heimdaseins bedeuten würde. Die Linie der Verwaltung scheint jedoch zu sein, sich von den Flüchtlingen, ihren Freunden und Freundinnen und von den Medien nicht mehr als einige kosmetische Korrekturen abringen zu lassen – das soll es gewesen sein, mehr Würde gibt es nicht.
Dass die Rechnung der StadtpolitikerInnen in Velbert allerdings nicht aufgehen wird, zeigte die Demonstration von 150 Menschen, bei der am Samstag Flüchtlinge und UnterstützerInnen erneut entschlossen die Schließung der maroden Häuser in der Talstraße und die Unterbringung der Menschen in eigenen Wohnungen forderten. Im Gegensatz zur Gedenkdemostration an den von Velberter Nazis ermoderten Horst Pulter am 05.02., hielt sich die Polizei diesmal im Hintergrund, die Protestierenden erreichten ohne Probleme die Kundgebungsorte an der Polizeiwache und in der Innenstadt.
Eines zeigte die Demonstration an diesem Samstag ganz deutlich: Die Stadt Velbert wird die Proteste solange nicht loswerden, solange sie nicht auf die Forderungen der BewohnerInnen der Häuser in der Talstraße eingeht: «Bleiberecht und Wohungen für alle!» Die TeilnehmerInnenzahl hat sich diesmal im Vergleich zur ersten Demonstration am 15.Dezember verdreifacht und die Aufmerksamkeit ist regional weiter angewachsen – zur Auftaktkundgebung kamen Menschen z.T. aus Wuppertal, Essen oder Düsseldorf in die Talstraße. Niemand sollte glauben, dieses mit ein bisschen Farbe an den Wänden beenden zu können.
Die nächste Gelegenheit, den Druck auf die Stadt Velbert und die Ratsparteien aufrechtzuerhalten, bietet sich am 27.03. bei der entscheidenden Ratssitzung. (Nähere Infos dazu folgen rechtzeitig über die bekannten Kanäle)