Flüchtlinge und MigrantInnen verstärken ihren Widerstand gegen das Lagersystem und das Asylverfahren in Deutschland. Ab dem heutigen Dienstag werden die Aktionen, die seit dem iranischen Neujahrsfest (Nouruz) in Würzburg stattfinden, auf andere Städte ausgeweitet. Dort kam es u.a. in den letzten Wochen zu einem Hunger- und Durststreik iranischer Flüchtlinge. In NRW ist ein Protestcamp in Düsseldorf geplant.
Doch die Stadt Düsseldorf, bzw. die Polizei, will kein Camp in der Landeshauptstadt zulassen. Dass diese Verweigerungshaltung in Zusammenhang mit dem inzwischen ungeliebten «Occupy»-Camp steht, dessen Räumung für Ende des Monats gefordert wird, darf vermutet werden. Durch die schikanösen Auflagen wird den Betroffenen ein effektiver Protest gegen die unzumutbare und unmenschliche deutsche und europäische Flüchtlingspolitik unmöglich gemacht.
Das Wuppertaler Solidaritäts-Komitee gegen die EU-Krisenpolitik hat von Beginn an den Zusammenhang zwischen den gesellschaftlichen Folgen der Austeritätspolitik und einer Verschärfung der Lage von Flüchtlingen betont. So wurde zur antikapitalistischen «Kiezdemo» in der Elberfelder Nordstadt zu «M31» gemeinsam mit der «Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen» aufgerufen, um auf die drastischen Auswirkungen der Kürzungspolitik für in Griechenland ankommende, bzw. lebende MigrantInnen hinzuweisen. Die damals bereits bekannten «Jagden» auf MigrantInnen in den Straßen der großen griechischen Städte haben sich mittlerweile in einen Wahlerfolg der Faschisten und in teils offen pogromartige Verfolgungen von sogenannten «Illegalen» verwandelt. Unterdessen finanziert die EU den Bau von Lagern für mehr als 30.000 Menschen in Griechenland. Ziel dieser in deutschen Medien meist unerwähnten «Finanzhilfe» ist, in Deutschland ankommende Flüchtlinge endlich wieder nach Griechenland zurückschicken zu können, sofern sie dort in die EU «eingereist» sind. Das trifft auf die meisten Flüchtlinge zu, die z.B. aus Afghanistan oder dem Iran nach Europa gelangen. (Die innereuropäischen Abschiebungen nach Griechenland sind seit einiger Zeit gerichtlich ausgesetzt – zu ungeheuerlich waren die Zustände in den dortigen Lagern.)
Die Abschiebungen von Flüchtlingen und MigrantInnen an die Peripherie Europas sind ein Teil der Probleme, denen sich die Mitmenschen aus Afghanistan, aus Pakistan, aus dem Iran, aus Afrika, Asien und anderswo in der BRD ausgesetzt sehen. Ihr Schicksal wird in oft latent ausländerfeindlichen Behörden entschieden, häufig in quälend langen Verfahren, während derer sie in Isolationslagern untergebracht sind.
Die Entscheidungen folgen dabei zumeist dem wirtschaftlich orientierten Masterplan der EU, der eine Einwanderung nach Europa am Liebsten ausschließlich nach neoliberalen Kriterien der «Nützlichkeit» von Menschen ermöglichen will. Nicht nur deshalb sind EU-Krisen- und Flüchtlingspolitik zwei Seiten einer Medaille. Wenn jetzt Flüchtlinge entschieden und solidarisch gegen das skandalöse deutsche Lagersystem und die Art der Asylverfahren vorgehen, verdient das ebenso unsere Solidarität wie der Widerstand gegen die soziale und demokratische Demontage der Gesellschaften.
Das Wuppertaler Solidaritäts-Komitee gegen die EU-Krisenpolitik ruft daher zur Unterstützung des Düsseldorfer Protestcamps iranischer Flüchtlinge auf, und wird über die weitere Entwicklung berichten.
Die Presseerklärung der UnterstützerInnen des Protestcamps in Düsseldorf im Wortlaut:
Polizei behindert massiv den Aufbau eines Protestzeltes
Seit Wochen protestieren vor allem iranische Flüchtlinge für ein Bleiberecht, gegen die schlechten Bedingungen in Flüchtlingsunterkünften und die lange Bearbeitungsdauer von Asylverfahren in einem Protestcamp in Würzburg. Ab Dienstag wollen die betroffenen Flüchtlinge, ihre Protestaktionen auf andere Bundesländer ausweiten. So soll es auch in der Landeshauptstadt Düsseldorf ein Protestzelt von Flüchtlingen geben, die in Heimen in NRW untergebracht sind.
Bei einem Kooperationsgespräch mit der Polizei am Freitagmorgen gab es keine nennenswerten Auflagen. Stunden später widerrief die Polizei allerdings ihre gemachten Aussagen und untersagt den Flüchtlingen im Rahmen einer Dauermahnwache von vier Wochen ein Zelt aufzubauen und dort zu nächtigen.
Das Schlafen im Zelt ist zentraler Ausdruck des Protestes der betroffenen Flüchtlinge gegen die miesen und als ausweglos empfundenen Bedingungen in den Heimen. Den Flüchtlingen stehen außerdem die finanziellen Mittel täglich an- und abzureisen nicht zur Verfügung.
Mit großem Unverständnis haben die Unterstützer des Protestcamps reagiert und Rechtsmittel gegen die Auflagen eingelegt!
Aus diesem Anlass wollen wir Sie zu einer
Pressekonferenz
am Dienstag, 10.7.2012, um 16 Uhr
am Rathausufer neben dem Burgplatz, einladen.Anwesend sein werden viele UnterstützerInnen des Protestzeltes, wie Arash Dosthossein, von Abschiebung bedrohter Flüchtling, Marcel Keienborg, Rechtsanwalt, Julia von Lindern, Straßenmagazin fiftyfifty, Frank Laubenburg, Mitglied des Stadtrats, weitere betroffene Flüchtlinge u.v.a.