Potemkin am Döppersberg

Info-Veranstaltung am nächsten Sonntag

Die ersten Bäume – am Wall – wurden schon gefällt, die ersten Umleitungen sind inzwischen eingerichtet. Aber noch immer ist die “GAB”, die grösste anzunehmende Baustelle Wuppertals, nicht richtig im Bewusstsein der Wuppertaler_innen angekommen, und oft ist noch immer nicht genau klar, was da – im Zentrum Elberfelds – eigentlich in den nächsten Jahren tatsächlich passiert.

Einige interessierte Bürger_innen Wuppertals haben daher mit der Unterstützung von basta! Ende letzten Jahres eine detaillierte Fragenliste an die Stadt geschickt, und unter Verweis auf das Informationsfreiheitsgesetz die Herausgabe von Unterlagen dazu eingefordert. Inzwischen liegen erste Antworten und verweigerte Auskünfte dazu vor, die zeigen, dass eine Auseinandersetzung mit den Plänen der Stadt notwendig ist. Über das weitere Vorgehen möchten wir uns nun mit allen interessierten Wuppertaler_innen austauschen. Eine kritische Begleitung des Bauprojekts, die über eine allgemeine Kritik hinausgehen soll, bedarf personeller Unterstützung. Deshalb führen wir am Sonntag, den 27.März um 14:30 Uhr eine Informations- und Diskussionsveranstaltung durch, bei der wir unsere Fragen zum “neuen Tor zur Stadt” darstellen möchten. Gleichzeitig möchten wir uns ein allgemeines Stimmungsbild dazu machen, wie dieser Umbau des zentralen Verkehrsknotens in Wuppertal aufgenommen wird

Die ersten Bäume sind gefällt

Was bekommen wir da eigentlich hingebaut?

Als die Fragen zum Döppersbergumbau zusammengestellt wurden, standen bestimmte Aspekte im Zentrum unseres Interesses. Vor allem ging es dabei um jene Abschnitte der Neugestaltung des Döppersberg, die laut städtischer Planung noch privater Investoren bedürfen. Leider wird die Stadt den gesamten Fragenkomplex nach den zukünftigen Investoren am neuen Döppersberg nicht beantworten. Das hat uns wenig überrascht, blieben doch auch schon entsprechende Fragen von Stadtratsverodneten zu diesem Themenkomplex unbeantwortet. Überrascht waren wir hingegen von der Begründung der angekündigten Geheimhaltung. Die Stadt begründet dies nicht mit den Interessen der Investoren, sondern mit immer noch offenen Entscheidungsprozessen.

Daraus ist zu folgern, dass die Realisierung zentraler Bauvorhaben in weiten Teilen noch nicht abgesichert, geschweige denn durchgeplant ist. Das eher schlichte Holzmodell im Infopavillon am Busbahnhof, mit dem die Bevölkerung für den Umbau gewonnen werden soll, und das von einem eigens dafür beschäftigen Mitarbeiter erläutert wird, erweist sich als potemkinsche Trickserei. Entfernt man nämlich die betroffenen Umbauten aus dem Modell, bleibt zunächst eine Betonwüste mit solch monumentalen Ausmassen übrig, dass sie sich für den Ceaușescu-Gedächtnispokal eignen würde. Die meisten Elemente, die den Augen der Betrachter schmeicheln sollen, verschwinden einfach.

basta! hält die verbreitete Darstellung des “neuen Döppersberg” für eine Täuschung. Berücksichtigt man, dass jeder Investor – so er oder sie sich denn finden lässt – eigene Vorstellungen bei der Umsetzung der Baumassnahmen hat, steht bereits jetzt fest, dass das, was da hingebaut werden wird, niemals so aussehen wird, wie das, was uns dafür verkauft wird. Auf städtische Vorgaben bei der späteren Bauplanung sollte dabei nicht allzuviel gegeben werden. Wer z.B. die Geschichte des SATURN-Neubaus an der Ecke Morianstrasse/Neumarkt verfolgt hat, weiss, wieviel beispielsweise solche Vorgaben für Fensterflächen in der Fassade zur Strassenseite wert sind, wenn der Investor anders entscheidet, weil er zusätzliche Stellmeter für Präsentationsregale benötigt.

Fromme Wünsche nach einem neuen “Tor zu Innenstadt” sind da schnell Makulatur und haben auch an der Morianstrasse letztendlich nichts gebracht. Die wichtigste Nord-Süd Verbindung Elberfelds ist heute ein grosses städtebaulichen Verbrechen an der Stadt, mit neugeschaffenen Angsträumen, (unter der Brücke der City-Arkaden beispielsweise), und mit gewaltigen fensterlosen Fassaden im Siebziger-Retro-Look.

Potemkinsche Dörfer im Infopavillon

Was passiert eigentlich mit der vielen Kohle?

Doch bei der Nachfrage zu den Investoren am Döppersberg geht es uns in erster Linie gar nicht um den ästhetischen Wert des Innenstadt-Umbaus. Und auch nicht um die Wahrscheinlichkeit der Realisierung bestimmter Elemente – irgendein Investor wird sich letzten Endes wohl finden lassen. Viel wichtiger erscheint uns, dass der, in der Stadt schon lange sehr umstrittene finanzielle Kraftakt, mit einem Mogelbild begründet wird – dass in der Verpackung eben nicht das drin ist, was auf ihr abgebildet wird.

Der Umbau des Döppersberg kostet nach bisherigem Stand angeblich genau 105 Mio Euro, wovon die überschuldete Stadt selber 36 Mio tragen muss. Um diesen Eigenanteil zu finanzieren, hat Wuppertal neue Schulden aufgenommen und Anteile am kommunalen Energieversorger privatisiert, als Teile der Stadtwerke an GDF Suez verkauft wurden. GDF Suez ist ein französische Energiekonzern, der bis heute auch mit Atomstrom, z.B. aus Krümmel, Gundremmingen und Unterweser Geschäfte macht. Der Rest – 65 Mio Euro – wird vom nicht minder verschuldeten Land Nordrhein-Westfalen getragen.

Wofür verschulden sich Stadt und Land beim Umbau des Knotens zwischen zentraler Schwebebahnstation, Hauptbahnhof und Busbahnhof, wenn es nicht um die auf der viel präsentierten Computer-Animation gezeigten Gebäude geht?

Die – nicht ganz ernstgemeinte – Antwort auf diese Frage findet sich in unserer Version der Vision vom “neuen Tor zur Stadt”, die unten betrachtet werden kann. Die 105 Mio Euro fliessen demnach fast ausschliesslich in gewaltige Erdarbeiten und in Strassenbau, an dessen Ende eine neue Brücke für Fussgänger anstelle des alten Zugangstunnels stehen wird. Und ein Busbahnhof – ausserhalb der Innenstadt auf einem Berg. Es sind Strassenarbeiten, für die sich die Stadt weiter verschuldet und zudem mittlerweile auch wichtige Gelder aus Reparatur- und Sanierungstöpfen umschichtet – eine Entwicklung die bei erwartbar steigenden Baukosten in den nächsten Jahren mit Sicherheit noch forciert werden wird.

Während sich die “grösste anzunehmende Baustelle” als reine Strassenbaumassnahme entpuppt, fehlt gleichzeitig anderswo Geld, bestehende Brücken, Strassen, Plätze und Treppen in Betrieb zu halten.

So gesehen, bekommt unser spöttischer Vorschlag eines Riesenparkplatzes anstelle des Luftschloss-Kubus zu bauen, sogar Sinn. Wenn anderswo in der Stadt die KFZ in den Schlaglöchern der nächsten sechs Winter verschwinden, können Besuscher der Stadt ihre PKW wenigstens am neuen “Tor zu Stadt” sicher abstellen, um sich von dort aus weiter zu Fuss durchzuschlagen.

Das "neue Tor zur Stadt", 105 Mio für Strassen. (Für Vergrösserung anklicken)


Was kann eigentlich noch getan werden? Ist nicht alles zu spät?

Während Oberbürgermeister Peter Jung das Projekt als “unumkehrbar” bezeichnet hat, ringen anderswo entscheidende Leute noch um eine Akzeptanz des Stadtumbaus. Der Dezernent für Stadtentwicklung, Frank Meyer, und Stadtplaner Gunther Stoldt kämpfen in einem Interview in der letzten Postwurfsendung der Wuppertaler Stadtwerke um Fakten, die alternative Überlegungen zum Döppersberg-Umbau verhindern sollen. Die Argumente erinnern dabei teilweise fatal an die Argumente der “Stuttgart 21″-Planer, z.B., wenn Stadtplaner Stoldt auf die 10 Mio bereits investierten Planungskosten verweist, die bei einer anderen Gestaltung des Döppersberg verloren wären.

Und beschäftigt man sich eingehender mit der konkreten Planung des Umbaus, stellt man fest, dass längst nicht alle Einzelmassnahmen schon endgültig eingetütet sind – von den oben erwähnten offenen Investorenbauten einmal ganz abgesehen. Viele Teile des Umbaus sind bisher nicht einmal ausgeschrieben. Die Aussage des Oberbürgermeisters erweist sich somit ebenfalls als Mogelpackung.

Es geht den Kritikern des Döppersberg-Umbaus schliesslich auch gar nicht um eine Totalverhinderung einer Erneuerung oder um die Erhaltung des maroden Status Quo, wie ihnen von den Befürworern häufig unterstellt wird. Es geht um eine funktionierende, pfiffige und vor allem auch preiswertere Alternative zu den bislang bekannten Plänen.

Für Transparenz und Beteiligung beim Döppersbergumbau!
Informations- und Diskussionsveranstaltung

Wann: Sonntag, 27.03.2011, 14:30 Uhr
Wo: “Replay Coffee” in der Passage des Schwebebahn-Bahnhofs Döppersberg

Wir wollen auch über Möglichkeiten eines gemeinsamen weiteren Vorgehens mit Interessierten ins Gespräch kommen, denn für eine kritische Begleitung des Monumentalumbaus der Wuppertaler Innenstadt benötigen wir dringend noch Hilfe. Interessierte melden sich bitte am Sonntag während der Veranstaltung oder per eMail an GAB@basta-wuppertal.de

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2 Kommentare Kommentar schreiben
  1. [...] Sonntags veranstaltet basta! eine Infoveranstaltung zum Döppersberg Umbau. Beginn ist um 14:30h im Café Replay in der Schwebebahnstation Döppersberg/Hauptbahnhof. Eintritt [...]

  2. Emil Blume sagt:

    Aha, für 105 Millionen eine »neue Platte«

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