Offenbar wurde bei den Planungen zur „Grössten anzunehmenden Baustelle“ im Tal der Bunker aus dem zweiten Weltkrieg unter dem Busbahnhof vergessen. Nun soll er „in den Wupperpark“ integriert werden.
Jedes Jahr zum Veranstaltungsmarathon „24 Stunden Wuppertal“, dem Tag der „offenen Türen“, bei dem viele Firmen und Institutionen ihre sonst geschlossenen Räumlichkeiten für Besucher öffnen, gibt es auch eine Führung der Feuerwehr durch einen der grössten Luftschutzbunker Elberfelds. Dieser liegt unterirdisch unter der gesamten Fläche des bisherigen Busbahnhofs am Döppersberg am Wupperufer.
In den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts erbaut, bietet das Objekt mit den meterdicken Betonwänden und -decken im Katastrophenfall für bis zu 750 Personen Schutz – und es ist anscheinend bis heute Bestandteil des Zivilschutzes. Die für dessen Bauwerke zuständige Feuerwehr führt Interessierte am „Tag der offenen Türen“ regelmäßig durch den Bunker, der nach dem Krieg für Menschen ohne Bleibe auch zum Teil jahrelang als Wohnung diente, für die sie sogar Miete bezahlen mussten.
Wer sich die unterirdischen Räumlichkeiten ansieht, erlebt, wie sich unmittelbar ein beklemmendes Belagerungsgefühl einstellt, das in der unterbewußten Furcht gipfelt, die tresorartigen Türen des Zugangs könnten sich hinterrücks schließen. Alleine mit Beton, jahrzehntealtem Muff und riesigen Spinnennetzen. Unschön. Schwer vorstellbar, im Katastrophenfall dort auszuharren. Nach dem Verlassen der Anlage stellt sich jedenfalls so etwas wie Erleichterung ein. Darüber, daß es wieder ans Licht geht, und darüber, daß dieses Betonmonster vier Meter unter dem Straßenbelag liegt.
Doch genau das würde sich ändern, wenn die Bauplanung am Döppersberg wie vorgesehen umgesetzt wird. Schließlich soll genau da, wo der Tiefbunker eingegraben ist, die Straße um mehrere Meter abgesenkt werden, um zukünftig oberhalb des Straßenniveaus von der Innenstadt zum Hauptbahnhof zu kommen. Die Brückenlösung, die den derzeitigen häßlichen Fußgängertunnel ersetzen soll, ist immerhin das in der Öffentlichkeit zentral verwendete Argument für die jahrelangen, teuren Erdbewegungen in der Elberfelder City. Mit dem Verweis auf den Zustand der Passage zum Bahnhof wurde bislang noch jede Kritik am unsinnig kostspieligen Umbauplan abgebügelt.
Als basta! im Frühjahr diesen Jahres eine Infoveranstaltung zum Thema Döppersberg durchführte, stand während der Gespräche bereits die Frage im Raum, wie die Stadt angesichts der beabsichtigten Tieferlegung der B7 eigentlich mit der Bunkeranlage am Döppersberg umgehen wolle. Dabei ging es im März eigentlich nur um die Frage, wie hoch die Kosten eines vermeintlichen Abrisses seien. Ein derartiges Bauwerk zu entfernen, erschien unverhältnismäßig teuer. Der aufwändige Abriss des – leichter zu zerkleinernden – Hochbunkers am Platz der Republik war noch in Erinnerung. Niemand – auch nicht die mit dem Thema „Döppersbergumbau“ befasste Stadtratsverordnete Elisabeth August (LINKE) – wußte damals etwas zu Kostenplanungen, die einen Abriss des Luftschutzkelles betrafen. Wunderlich – so schien es.
Nun war am Rande der Bunkerbesichtigung zu erfahren, daß die massive Anlage bei den ersten Planungen zum Döppersberg angeblich schlicht vergessen wurde – kein Wunder also, daß sich in den Planungen kein Etatposten „Bunkerabriss“ befand.
Erst, nachdem dieser „Lapsus“ bemerkt worden sei, soll eine Anfrage an das Land NRW ergangen sein, ob es vielleicht möglich ist, den Bunker abzutragen. Angeblich wurde diese Frage bejaht, aber an die Bedingung geknüpft, daß in Wuppertal 750 neue Schutzplätze an anderem Ort entstehen.
Eine Auflage, die von der bankrotten Stadt Wuppertal nicht zu erfüllen ist. Wie immer die Zivilschutzpläne auch grundsätzlich beurteilt werden – scheinbar führt kein Weg daran vorbei, den monströsen Kriegsbau zu erhalten und in die Planungen des „neuen Tors zur Stadt“ einzubeziehen.
Schicke, neue Grafiken dazu, wie das bizarre Ensemble letztlich aussehen soll, liegen leider noch nicht vor. Immerhin lässt sich jetzt aber vielleicht erklären, warum durch die Stadt die großformatigen Ansichten des „Tors zur Stadt“ geändert wurden, nachdem wir eine realisterische Ansicht des neuen Döppersberg veröffentlicht hatten. Diese hatte aufgezeigt, daß die ganze Kohle für den neuen Döppersberg gar nicht für ein modernes Stadtbild, sondern schlicht für massive Erbewegungen ausgegeben wird.
Geändert werden mussten die virtuellen Ansichten nämlich sowieso – die vorgesehene, private Tiefgarage unter dem – ebenfalls nicht mehr eingezeichneten –„Investorenkubus“ ist bei Erhalt des Luftschutzbunkers beispielsweise gar nicht mehr realisierbar.
Offen ist auch, wie ein an der Oberfläche aufgetauchter, unterirdischer Bunker ohne das meterdicke Erdreich eigentlich noch die Anforderungen an einen Schutzraum erfüllen kann. Muß am Ende vielleicht sogar auf die Absenkung der Talsohle verzichtet werden? Und dann? Die Erdaushubarbeiten gestalten sich dem Vernehmen nach ohnehin schwierig, so soll seit Beginn der Arbeiten vor dem Bahnhof an der Südseite des Bunkers Wasser in die Anlage eindringen. Das ist kein gutes Omen auch für die wupperseitigen Arbeiten, die schon im Frühjahr beim basta!-Gespräch die – ebenfalls unbeantwortete – Frage nach dem zukünftigen Flutschutz für die Wupper aufgeworfen hatten.
Wie also soll der neue Döppersberg nun aussehen? Wie kann ein Weltkriegs-Bunker idyllisch in den neuen „Wupperpark“ integriert werden? Droht im „neuen Tor zur Stadt“ ein Märchenpark „Wolfsschanze“? Immerhin liesse sich dann noch ein Teil der zusätzlichen Kosten refinanzieren, wenn die Wuppertaler Nazis dort ein neues Gehege finden würden. Morgens aus dem Bunker geholt und aufgestellt, tagsüber nach Einwurf einer 10 Cent-Münze „Heil, Heil“ rufend, rundeten sie das schildaeske Bild des neuen Tors zur Stadt trefflich ab.
Heute gäbe es um 16:00 Uhr die Möglichkeit, den aufgeworfenen Fragen in der Baubegleitkommission des Stadtrates nachzugehen. Wenn aus den Gerüchten Tatsachen würden, wäre das, nach der Entscheidung zur Schließung des Kiesbergtunnels für Baustellen-LKW, für die „Größte anzunehmenden Baustelle“ der Stadt ein Menetekel.
Uns interessierten vor allem folgende Punkte:
- Wird der Tiefbunker am Döppersberg abgetragen?
- Wenn ja, wie teuer wird der Abriss, und, sind die Kosten in der Planung enthalten?
- Wenn nein, was dann? Wird die B7 weiterhin abgesenkt?
- Wer hat den planerischen Totalschaden zu verantworten, sofern er bestätigt wird?
- Hat die Sache mit dem Rechstreit der Stadt gegen das Archtikturbüro zu tun?
- Glaubt Oberbürgermeister Peter Jung noch immer an ein erfolgreiches Projekt?
P.S. Für das Ausstellungsprojekt „Bunker“ ist der Tiefbunker am Döppersberg am Freitag, den 11.November 2011 erneut zugänglich. (Von 18 bis 22 Uhr)